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Stoisch – wie denn?

Stellt euch vor, nun bin ich richtig, aber so richtig alt geworden – und – leider immer noch nicht besonnen, ruhig und weise. Habe soeben zum tausendsten Mal versucht, mich im Meditieren zu üben, um endlich gleichmütiger zu werden. Doch mein Geist will einfach nicht still werden.


Im Pingpong fahren, gluckern, tuckern meine Gedanken hin und her, auf und ab, kreuz und quer durchs Gehirn. Jetzt gebe ich auf: Meditationstechniken, Achtsamkeits- und Yogatraing werden mal kurz zur Seite gestellt. Besser ist es, ins Flugzeug steigen, um auf den Balearen mein Glück zur Selbstfindung finden.


Da – bin ich nun gelandet auf Mallorca, einer Insel der unendlichen Betrachtungen, dem Land für 1000 Sinne, Begegnungen und Zerstreuungen.


Als erstes treffe ich in San Telmo (direkt hinter unserem Hotel) meinen Esel “JAAA”. Er begrüsst mich fit und munter: “Hola Mutti, was verschafft mir die Ehre?” – “Buenos días. Cómo estás? Aber frag mich nicht wie es mir geht. Es ist zum Davonlaufen. Ich fühle mich ausgelaugt und nicht so ganz bei mir. Kannst du mir vielleicht verraten, wie ich wieder zu mir selber und damit meine innere Ruhe finde?”


“Hola, holper die Polter! Das ist doch ganz einfach …

…fahr mit der Barke von Alfredo hinüber nach “Sa Dragonera” zum schlafenden Drachen. Er lebt dort immer noch in seiner Höhle mit seinen Frechdachsen, den “Dragonets”, zusammen mit den Sturmtaucher, dem Seeadler, den grossen Möwen und ganz vielen speziellen Pflanzenarten.” https://de.wikipedia.org/wiki/Sa_Dragonera

“Adiós! Muchas gracias querido burro.” Etwas später sitze ich in Alfredos Barke …

Bereits 20 Minuten später erreichen wir die Insel “Sa Dragonera” und legen in der sogenannten “Räuberbucht” an. Vor ein paar hundert Jahren hausten hier richtige Piraten.

Hin und wieder kommen Rucksacktouristen, die hier irgendwo im Freien übernachten, da es keine Herbergen oder sonstige Unterkünfte gibt. Einzig ein einfaches WC und eine Wasserstelle hat es oberhalb vom Schiffssteg …


Die Wanderrouten sind gut beschildert und die Wege in einem tipptoppen Zustand, wie man hier sieht …

… zum Beispiel zum westlichen “Far de Tramuntana” mit Sicht zum spanischem Festland und zu den Felsen der Serra de Tramuntana, einem 90 km langen Gebirgszug nordwestlich auf der Insel Mallorca.

… oder sonst auf einer dürftig bewaldeten Anhöhen, wie zum Beispiel hier mit Sicht nach Sant Elm (zum östlichen Fuss der Serra de Tramuntana)

… oder zum östlichsten Punkt von Sa Dragonera, mit dem Leuchtturm “Far de Llebeig”

… oder natürlich zum höchsten Punkt der Insel, dem “Pico Popi” oder “Mirador de Sa Trona”. Da hinauf kann man nur mit festen Bergschuhen wandern. Was heisst wandern: Geröll, Felsformationen und das kurvenreiche Train verlangen Konzentration und Trittsicherheit. Also meditatives Gehen kannst du hier vergessen. Wobei wir uns endlich beim meinem ursprünglichen Thema “stoisch ruhig werden und in sich gekehrt sein” wieder finden.

Dazu hätte ich gerade ein geeignetes Plätzchen, oder? Dies aber nur, wenn man …


… diese quirligen und sehr flinken Eidechsen, die Dragonets angenehm und putzig findet. Diesen begegnet man hier zu hauf und in verschiedensten Grössen.


Wie man sieht sind diese Drachengebilde wirklich sehr gefrässig. Hier knabbern Sie gerade an einem Stück Orange. Wenn man nicht aufpasst huschen sie flink in einen Rucksack um sich etwas Brot oder sonst was Feines zu ergattern. Was ich damit sagen will: “Unmöglich ruhig dasitzen und meditieren!” – ausser man verschliesst alle Taschen, Hosentaschen und andere Behälter und denkt sich diese Kobolde weg.

Wenn man ganz still und mit geschlossenen Augen da sitzt, hört man sie raspeln, knabbern und übers Reisig schleifen. Das ist doch schon mal etwas für eine klitzekleine Erleuchtung, oder!?

Ja, da sind auch noch diese stattlichen Mittelmeer-Möwen, mit einer Spannweite von 150 cm. Während der Brutzeit und beim Hegen und Pflegen der Jungschar hört man die Möwen schreien.

Die Möwen sind überhaupt nicht scheu und man kann diese, wie diese Möwenmama mit ihrem knapp einjährigen Jungen, wunderbar fotografieren, sie füttern und mit ihnen sogar etwas kommunizieren .

Die Möwen brüten oben in den Felsen oder ganz unten – nur ein paar Meter oberhalb vom Meeresspiegel in kleinen Felshöhlen.

Die ganz kleinen Möwen sind sehr scheu, pipsen und quitschen beständig und schreien nach Futter. Sie sehen mit ihrem schneeweissen Gefieder aus wie ein ständig hüpfender Pompon von einer Pommelmütze.

Solche Stein- und Felsformationen …


… und auch die vielen Blumen



und Pflanzenarten lassen einen innehalten.


Ja, bei diesen wunderbaren Blumenarrangements (wie hier beim Far de Tramuntana) da kann man doch mal ganz still sitzen und etwas zu sich kommen.

… oder wie auch hier oberhalb vom Schiffssteg beim Informationszentrum der Cala Lledó – im botanischen Garten mit Gewürzstauden, diverse Palmen und Olivenbäumen. Der Ranger und seine Mitarbeiter haben da doch einiges zu hegen und pflegen.

Etwas zu früh erreich wir den Schiffssteg.

Während dem Warten auf unsere Parka finde ich noch genügend Zeit um gedanklich in den nicht allzu tiefen Meeresgrund abzutauchen …

Irgendwie werde ich doch immer wieder abgelenkt und fühle mich wie der Astrophysiker Heino Falcke einmal sagte:

«Der Mensch ist physikalisch gesehen nur ein exquisiter Turnschuh.”

Guck mal kurz aus dem Fenster

Es kommen manchmal Zeiten, da ist einem stinklangweilig, und dann schaut man mal kurz aus dem Fenster und was sieht man? Richtig nebst, Wiese, Apfelbäumen und viel Schnee …

… auch ein Haus mit richtigen Fenstern, in diese man wunderbar reingucken könnte und sich über das Gesehene so ganz unschuldig einige Gedanken machen dürfte … Ja, dass man sogar so unverschämt ist, das gerade Gesehene für sich zu interpretieren – ganz oder fast nach Manier vom Kabarettisten Emil Steinberger, wie man hier unter anderem sehen und hören kann.



Ein östliches Sprichwort sagt:

“Du siehst nicht wirklich in die Welt, wenn du nur durch dein eigenes Fenster siehst.

“Jaaah, jaah !”, meint dieser Esel auf Mallorca, weil er tagein tagaus nur auf ein paar Büschel Gras und durchs Gestrüpp in die Welt hinaus blicken kann.

Etwas zu betrachten …

… und die Zeit haben, es ganz genau zu beobachten …

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… zum Beispiel exakt an dieser Stelle, auf der Anhöhe vom Montana de Guaza, oberhalb von Los Christianos (Teneriffa – Spanien) …


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… zum Hafen von Los Christianos, wo gerade die Fähre Armas den Hafen verlässt.


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Kaum ist die Armas verschwunden nähert sich bereits …


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… eine grössere Armas dem Hafen.


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Der Steinhaufen vor meine Füssen animiert mich dazu …


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… die Adockszene durchs Loch der Ballung festzuhalten, als es hinter mir raschelt:


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Eine Echse beobachtet mich, sowie mein auf den Boden gefallenes Guetzli …


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… um es im richtigen Moment zu erhaschen!


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Leben heisst Beobachten.


Zitat vom römischen Offizier Gaius Secundus (24 – 79)


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Zum Thema Fährhafen Los Christianos, Fährschiff Armas und den Guaza  Montana (Elefantenberg) siehe  meine früheren Veröffentlichungen:


https://www.muttiswelt.ch/blog/2013/01/16/die-armas/

https://www.muttiswelt.ch/blog/2013/02/08/der-elefantenberg-von-teneriffa/

https://www.muttiswelt.ch/blog/2013/01/23/der-fahrhafen-von/

………………


Sich lernen abzugrenzen …

… ist gar nicht so einfach, nicht einmal nach einem Weiterbildungsseminar, das speziell dafür ausgeschrieben worden ist.


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Mann / Frau sitzt erwartungsvoll als Suchender im Kreis. Jeder hat irgend etwas erlebt das ihn noch nicht loslässt. Er möchte dies endlich verarbeiten und zwar nachhaltig, damit er nicht immer wieder in die gleiche Reaktionsfalle tappt … Der Referent beginnt die Stunde mit einer Entspannungsübung und will etwas später nach seinem Vortrag erfahren, ob das Gezeigte und seine Darlegungen bei uns richtig ankommen sind.


Eine Person meldet sich zu Wort: “All deine Vorführungen und Erläuterungen sind schön und gut. Doch diese können mein Problem nicht lösen. Es muss noch irgend etwas anderes geben, damit meine inneren Spannungen wieder abnehmen.” Es stellt sich heraus, dass sie als Personalchefin in einer grösseren Firma etwas mehr gefordert worden ist. Über Nacht habe die Unternehmung eine Umstrukturierung beschlossen. Für sie als erfahrene Berufsfrau sei dies eine ungewohnte aber doch spannende Herausforderung gewesen. Deshalb habe sie relativ entspannt gemeinsam mit ihrem Team ein annehmbares Ausführungsprojekt erarbeitet und der Firmenleitung zum geforderten Zeitpunkt vorgestellt. Noch während ihren Ausführungen habe man ihr erklärt, dass ihre Lösungsvorschläge nicht zum Tragen kommen werden, weil man ihrerseits ein extern erarbeitetes Papier zur Hand habe. Ihre Aufgabe sei es nun, dieses mit ihren Mitarbeitern fristgerecht umzusetzen. Dieses Vorgehen der Firmenleitung habe sie zwar noch nicht sonderlich aus der Bahn geworfen, da sie ja gelernt habe mit externen Fachkräften zusammen zu arbeiten. Erst als sie die geforderten Massnahmen umsetzen musste, habe sie innerlich um Fassung gerungen. Denn es galt einer grösseren Anzahl Mitarbeiter zu kündigen, als von ihr und ihrem Team errechnet - dies erst noch in einer sehr unvernünftig kurzen Zeit. Die Frau erzählt weiter: ”Diese Kündigungsgespräche belasten mich im Nachhinein immer noch sehr, auch weil ich heute immer noch der Meinung bin, dass diese in diesem Umfang nicht gerechtfertigt gewesen sind. Der Druck ist für mich so gross geworden, dass ich selber gekündigt habe. Man müsste meinen, das Vergangene sei nun wirklich nicht mehr mein Problem, zumal ich selber ziemlich rasch wieder eine Neuanstellung gefunden habe. Doch innerlich werde ich mit dieser Ungerechtigkeit die ich anderen antun musste nicht mehr fertig. Ich glaube nicht, dass diese Übungen mir helfen, mich vom Erlebten ziemlich rasch und endgültig abzugrenzen!”


Wir sind still, blicken in die Runde und schauen dann erwartungsvoll unseren Referenten an. Dieser hält den Kopf etwas schräg, verschränkt die Hände wie zum Gebet: “Also, das ist eine sehr komplexe Problemstellung, welche unseren Diskussionsrahmen sprengt! Wir müssen weiter … Hier habe ich euch ein Blatt mit zwei Fragen zum Thema Licht und Dunkelheit! Ihr habt zehn Minuten Zeit, diese zu beantworten!” Mir hat es für einmal die Sprache verschlagen. Hätte der Referent sich nicht bei uns erkundigen können, ob wir schon Ähnliches erlebt haben? Dass zehn Minuten für einen Erfahrungsaustausch nur minimal gereicht hätten ist für mich auch klar gewesen. Doch immerhin wäre der Hilferuf der Frau nicht ins Leere gelaufen.


Ach ja , den Fragebogen mit den zwei Fragen ”Wie empfindest du Dunkelheit?” und ”Wie fühlt du dich, wenn du im Licht bist?” habe ich draussen diesem stattlichen Rindviech vorgelegt. Es hat mir wie folgt geantwortet:


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“Muh, siehe das ist doch cool -


ich bin schwarz und dunkel,


du bist  weiss und hell


 und widerspiegelst dich in meinem Fell.”


Die Sonnenfinsternis …

… ohne Brille, hier im Wald auf einer Anhöhe …


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… zwischen Uerzlikon und Kappel am Albis …


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…nahe dieser Waldhütte, war etwas sonderbarer als erwartet:


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Ich warte und es wird dunkler …


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… am Boden zeigen sich nicht, wie in der Zeitung beschrieben sichelartige Figuren …


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… dafür tanzen plötzlich seidenzarte Gebilde …


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 … in ihrem wunderschönen feinen Kleid (geschaffen von gefrässigen Raupen) …


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… ihren ganz und gar unbeschwerten Finsternisreigen.


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Diese moosige Beige ächzt im Dämmerlicht, es knabbert etwas darin oder darunter …


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… und gleichzeitig mahnt dieser holzige Geselle:


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“He mutti, das Ende der Finsternis naht …


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… der Mond befindet sich bald nicht mehr vor der Sonne!”


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Na dann, so dann, das ist eigentlich so etwas von egal!


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Hauptsache ist …


https://www.youtube.com/watch?v=V2PXmflpr5U

… wir haben währenddessen dieses Vogelkonzert nicht ungehört verstreichen lassen!


Es hat wirklich so getönt!


Nein, doch nicht so ganz …


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… der Specht – und nicht dieses Schweinchen – hat noch dazwischen gedröhnt!


„Einmal Uerzlikon einfach …

… mit Halbtax, bitte!”


“Macht drei Franken!”, antwortet der Chauffeur vom Postauto.


“Drei Franken? Soviel habe ich vorhin für ein Brot und eben soviel für zwei Kilo Kartoffeln bezahlt!”, meine ich lachend und postwendend (befinden uns ja auch in einem richtigen Postauto), bekomme ich zu hören: “Kann schon sein, gute Frau. Doch über Ihr Brot und Ihre Kartoffeln können Sie sich ganz sicher länger freuen, als über die Fahrt von hier nach Uerzlikon!”. Ich setze mich rechts vom Chauffeur auf die vorderste Bank. Das Gefährt setzt sich in Bewegung; und bereits ausserhalb erleben wir einen wunderbaren Panoramarundblick auf die Innerschweizer und Berner Berge, sowie eine grandiose Aussicht übers Reusstal bis hinüber zum Jura …


“Toll dieser Ausblick!”, entfährt es mir. Der Chauffeur lacht und meint dazu, dass es für ihn nichts schöneres gäbe, als tagtäglich diese Strecke zu befahren und dieses Panorama zu geniessen; und dies seit haargenau 40 Jahren. Ende Jahr sei aber Schluss, da werde er pensioniert. Dabei schaut er zu mir rüber und runzelt die Stirn und meint: “Letzthin sah ich im “Anzeiger” ein Foto von Ihnen. Sind Sie nicht die 1000. Einwohnerin von Kappel?”- “Fast, ich bin die 999. Person die zugezogen ist …”, korrigiere ich ihn. “Na, dann habe ich eine Frage: Wieso ziehen Sie als Pensionierte ausgerechnet in diese hinterwäldlerische  Gegend? Das würde mir und meiner Frau nie einfallen. Da geht man doch in den Süden, damit man das Leben noch so richtig geniessen kann! Sehen Sie, vor einer Woche bin ich mit meiner Frau von unserem dreimonatigen Aufenthalt in Katalonien zurückgekommen. Wollen Sie wissen, was wir da gemacht haben?” Der Mann strahlt dabei über die ganzen Backen: “Wir sind dort die ganze Küste abgefahren, bis wir einen tollen Ort gefunden haben, um uns nach der Pensionierung niederzulassen!” – “Aha, sicher kommen Sie ursprünglich von dort!”, falle ich ihm ins Wort. “Nein, nein – Gott bewahre. Meine Frau und ich sind in der Schweiz geboren und haben hier gelebt und gearbeitet. Jetzt wollen wir es nur noch schön haben – und – wo kann man das am besten mit wenig Geld? He, natürlich in Spanien!” Ich bin platt: “Ja was wollen Sie den langen lieben Tag dort machen?” Seine Antwort haut mich fast vom Sitz: “Natürlich das Meer geniessen und jassen! Stellen Sie sich vor, dort gibt es hammerstarke Kumpels, die wissen wie man das Spiel der Spiele spielt; und das beste ist, meine Frau kann endlich den lieben langen Tag am Strand sitzen, palavern und  stricken so viel und so lange sie will!”


Dass ich darauf,


so ganz spontan,


keine Antwort wusste,


versteht sich von selber!


Wenn er doch wenigstens gesagt hätte:


“Wissen Sie, ich bin Fan vom FC Barcelona!”


Wenn ich ehrlich bin, auch darauf hätte ich keine Antwort gewusst,


da ich ebenfalls vom Fussball (wie vom Jassen und Stricken) keine Ahnung habe.


Vielleicht hätte ich einfach sagen sollen:


“Hasta la vista! Ole!”


Einmal mehr irre ich …

… im Gebiet Hinteralbis umher:

Es ist anfangs Januar und die Natur spielt etwas verrückt. Es ist relativ mild, ein halbherziges Windchen rauscht um die Baumwipfel. Die Vögel pfeifen einander schon tüchtig um die Ohren – zwar noch nicht wunderschön – doch immerhin schon melodiös. Mein Hündchen Grisly lässt sich von ihrem Gejauchze anstecken, und er springt wie ein munteres Äffchen über Stock und Stein durch den Wald. Nicht minder flink strolche ich ihm auf dem etwas matschigen Waldweg nach. Mit dem Ziel noch rechtzeitig den 16.45 Uhr Bus in Hausen am Albis zu erreichen.


Irgendwie bin ich vom Weg abgekommen. Ich schaue mich umher. Wo bin ich eigentlich!? Gemäss früherem Wegweiser und dessen Zeitangabe müsste ich längst in Hausen unten sein. Da vorne sind wieder Wegweiser. Sie zeigen in alle Himmelsrichtungen – ohne Beschriftung. Die drei aufgemalten Wandergestalten helfen mir auch nicht weiter. Gott sei Dank kommt mir ein Mann mit Vierbeiner entgegen. Ich frage ihn ob es denn noch weit sei nach Hausen. Er runzelt seine Stirn – sprechen Sie etwas lauter ich höre nicht gut. Ich wiederhole meine Frage. “Hausen am Albis? Keine Ahnung! Ich parkiere mein Auto beim Türlersee, und ich laufe so weit, bis Poldi sein Geschäft erledigt hat, dann kehre ich um …!” Der Mann schaut nach seinem Hund: “Bingo – Es ist so weit. Ich kann zu meinem Auto zurück kehren. Wissen Sie was. Kommen Sie mit, und ich fahre Sie nach Zürich, ich wohne dort ganz nahe an der Postautolinie, welche direkt nach Hausen am Albis führt!” – “Herzlichen Dank für ihr Angebot! Aber ich muss nicht erst nach Zürich fahren, um das richtige Postauto zu finden. Lieber gehe ich noch ein Stück, denn irgendwo hier muss Hausen a.A. sein. Denn hören Sie, da oben ist ein Sportflugzeug. So tief wie es fliegt, ist es sicher auf dem Landeanflug zum hiesigen Sportflugplatz!” – “Ein Flugzeug? Ich höre nichts und weiss auch nichts von einem Flugplatz. Jetzt komme ich doch seit Jahren hierher …! Komm Poldi wir gehen!” Kopfschüttelnd läuft der Hündeler mit seinem Rassetier von dannen.


Nach einem geraumen Stück komme ich an eine Wegkreuzung mit drei Wegweiser. Wieder allesamt ohne genauen Angaben wohin sie führen könnten. Die Wegwahl ist also schon wieder eine Gefühlssache …  Zum Glück kommt mir auf meinem eingeschlagenen Weg ein  weiterer Hündeler entgegen. Sicherheitshalbe  frage ich ihn, welcher Weg am  schnellsten nach Hausen a.A. führe. “Was Sie wollen nach Hausen – wohin denn genau?” Ich erkläre ihm, dass ich dort zur Bushaltestelle wolle … Da erklärt der Mann, dass es in Hausen keine Bushaltestelle gebe. Dass es aber im Ort eine Kirche mit Turm habe. Er orientiere sich meistens daran. Sehen Sie, da vorne ist der Turm – und – da etwas weiter hinten steht mein Auto!” – “Och, danke. Dann weiss ich weiter. Mein Bus wartet gleich etwas unterhalb dieser Kirche!” Der Mann wiederholt postwendend und sehr grantig. “Wie gesagt, da unten hat es keine Busse. Da stehen nur Postautos. Eines fährt nach Baar, wo auch ich wohne. Wohin die anderen fahren, weiss ich im Fall nicht! Bin noch nie mit so einem Gefährt durch die Gegend gefahren!”


Ein paar Wegminuten später erreiche ich mit Grisly glücklich und zufrieden meine gesuchte Haltestelle. Zwar nicht mehr rechtzeitig… Doch bereits in einer halben Stunde wird mich das nächste Postauto, der Linie 280 (Baar ZG - Hausen a.A. ZH), von hier bis zu mir nach Hause fahren. Zwar ohne Dreiklanghorn, dafür mit einem sehr freundlichen, aufgestellten und gesprächigen Chauffeur … (wie die nächste Geschichte zeigen wird).



 Der Wege sind viele,


doch das Ziel ist eins.

Rumi

Lehrerseminar zum Dritten …

… ist eine Story besonderer Art, zu der ebenso …


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… die Überschrift ”Altweibersommer” passen könnte …


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An unserem neuen Wohnort, an einer Wegkreuzung begegne ich einer Frau mit ihrem Hund. Wir begrüssen uns – die Hunde sehr stürmisch, wir Erwachsenen etwas distanzierter. Meine Begegnung setzt sich auf die Bank und möchte, dass ich neben ihr Platz neheme. Etwas verwundert komme ich ihrem Ansinnen nach. Sie bietet mir etwas Schokolade an. Ihr genüge einen Apfel …


Während unsere Hunde herumtollen, guckt mich die Frau von der Seite an und meint: “Solche wundervollen Sonnentage wie heute stimmen mich sehr traurig.” Sie zeigt dabei auf …


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… den vor uns liegenden Dorfweiler und beginnt zu erzählen:


“Da vorne bei Rossau ist mein Mann vor ein paar Monaten mit seinem Mountainbike tödlich verunglückt. Er touchierte einen Randstein und stürzte so unglücklich … Ach, ich möchte Ihnen die Details ersparen. Auf jeden Fall starb meine lieber Mann zwei Stunden später im Spital”. Ganz leise fährt sie fort:


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“Nicht einmal einen Monat später verliere ich auch noch meine Tochter. Sie kletterte mit Kollegen, wie schon manches Mal am Eiger. Aus unerklärlichen riss das Seil … Nun, bleibt mir nichts anderes übrig als alleine das Leben zu meistern. Zum Glück habe ich einen schönen Beruf der mich erfüllt. Ich bin nämlich Lehrerin an einer Berufsschule.” Weiter erfahre ich, dass sie ursprünglich Primarlehrerin sei und als Thurgauerin das Lehrerseminar in Kreuzlingen besucht habe. Nach einem kurzen Hin und Her, finden wir heraus, dass sie dort gemeinsam mit meinem Schwager das Semi  besucht hat. Die Frau fragt mich deshalb:


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“Was macht Luk eigentlich jetzt? Der Vogel ist doch geschieden!” Etwas irritiert über diese Aussage erkläre ich meinem Gegenüber, dass mein Schwager weder geschieden noch ein Vogel sei und erkläre: “Wissen Sie Lukas ist ein sehr guter Berufsmann und Familienvater..” Da schüttelt die Frau ganz energisch den Kopf: “Ich kenne Luk sehr gut. Schliesslich war ich während unserer Semizeit für länger Zeit seine Freundin. Der war alles andere als ein Traummann und von Zuverlässigkeit keine Rede! Dass er heute prominent ist, macht die Sache auch nicht besser!”  Etwas irritiert über ihren Standpunkt stehe ich auf, um mich von ihr zu verabschieden. Da drückt mir “meine fast einmal Schwägerin” ihr Kärtchen in die Hand mit der Aufforderung sie doch mal anzurufen, damit wir wieder einmal miteinander plaudern können. Ich sei ihr sehr sympathisch. Interessiert blicke ich auf das Kärtchen. Da geht mir ein Licht auf: “Aäh, ich glaube wir kennen uns ebenfalls von früher. Sie haben doch mal im Tösstal und zwar in Saland unterrichtet!” -


“Natürlich, jetzt erinnere ich mich! Sie haben  S’Vreneli immer ins Schulhaus begleitet, obwohl diese selbständige Kleine keine Begleitung nötig gehabt hätte. So wie ich mich an sie zurückerinnere, hat sie eher ihre Gene als …”, grinsend unterbreche ich den Redeschwall: “… als die von meinem Schwager meinen Sie!?” Da höre ich die Frau zum ersten Mal lachen. Mit dem Versprechen uns bald wieder einmal zu treffen, trennen wir uns.


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Gemeinsame Erinnerungen sind manchmal die besten Friedensstifter.


Marcel Proust


 

 

 

 

 

 

 

Nachtrag …

… zum Beitrag vom 7. November 2014:


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Auf dem Nachhauseweg habe ich von einem anderen Nachbarn, der ebenfalls trotz Seniorenstatus sehr jugendlich und stramm wirkt, erfahren, dass das oberämtler Quellwasser nicht nur erfrischend und sauber sei, sondern es wirke erst noch wie Heilwasser und sei deshalb besonders förderlich für die Gesundheit und verlangsame den Alterungsprozess. Ich solle möglichst viel von diesem Wasser trinken oder in Pet-Flaschen abgefüllt mit nach Hause nehmen …


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Da zündet bei mir ein Lichtlein. Dieser Hinweis bezüglich Quellwasser erklärt mir, warum im hintersten Knonaueramt,  so viele Senioren (gerade vorhin bin ich einem über 90 jährigen körperlich und geistig topfiten Mann begenet) munter und aktiv ihren Alltag bewältigen. Ich kapiere, dass es sich lohnt, viel Quellwasser zu trinken. Denn wer freut sich nicht darüber, dass seine sämtlichen Wehwehchen und Altersbresten ausschliesslich mit Quellwasser und dafür ohne Moneten, Doktoren und Pillen, etwas gelindert werden – oder – bestenfalls zum Verschwinden gebracht werden.


Seit heute trinke ich literweise von diesem energiegeladenen Nass. Ich freue mich darauf, dass in Kürze an meinem Po und Bauch sämtliche Dellen und Wellen verschwinden,  ebenso die sich in meiner Visage festgekrallten Runzeln und Falten. Ich habe mir sagen lassen, dass das hiesige Wasser direkt auf die knittrige Gesichtshaut geklatscht, diese in Windeseile erfolgreich wieder glätte. Dann darf ich jederzeit wieder unbesorgt Hinz und Kunz (oder mich selber im Spiegel) anlachen – und – ich muss folgendes fieses und bitterböses Zitat,  geschrieben “von weiss nicht wem” nie mehr befolgen:


Wer nach allen Seiten immer nur lächelt,


bekommt nichts als Falten im Gesicht.


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Eigentlich könnte obiges Zitat von “von weiss nicht wem” doch noch seine Gültigkeit haben.


Denkt mal nach, wieso haben Ziegen und Geissen


keine Runzeln und Falten in ihrem hübschen Angesicht?


Natürlich nicht, weil sie haufenweise Quellwasser schlürfen,


sondern weil sie nie lachen oder lächeln,


dafür höchstens – und – dies äusserst selten …


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… mal freundlich grinsen!


Oder, könnte es sein, dass das Zitat


“Wer nach allen Seiten immer nur lächelt, bekommt nichts als Falten im Gesicht.”


eine ganz andere Bedeutung hat?


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“Sicher schon!”, gackern die Hühner und der Gockel erklärt:


“Damit sind Leute gemeint, die über alles schadenfreudig und hinterhältig lächeln, belächeln und nie ihr wahres Gesicht zeigen; und die werden nicht einmal gschamig rot dabei!


Obwohl …


DSC_0270… ist Rot nicht eine hammergeile Farbgebung!?”