Es war einmal ein kleiner Hund …

… etwas verspielt, verträumt und gänzlich unerfahren.


Der kleine Vierbeiner hiess Chicco. Eben weil er so klein war.


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Seine Lampeohren und sein etwas länglicher Schwanz flogen durch die Luft, wenn er zum Schnellspurt ansetzte. Sprinten konnte der pfiffige Chicco wie kein zweiter Hund. Keine Katze, kein Vogel oder Tennisball war vor ihm sicher. Immer zielsicher erreichte er seine Opfer. Mit einem gewaltigen Bremser packte er zu und: Da könnt ihr ja denken was da passierte… Seine Familie, bei der er ein genüssliches und abwechslungsreiches Dasein hatte, erfreute sich leider nur an seinen kühnen Ballspielen. Alles andere, wie Katzen- und Vogeljagd, Kühe anbellen, sowie Pferde zwicken, wurde ihm so rasch als möglich ausgetrieben. Sein Frauchen meckerte öfters und gebot ihm, sich endlich anständig gegenüber fremden Vierbeinern zu benehmen. So dürfe er nie und nimmer in die Ferien zu seinem Götti Fridolin und zu seiner allerliebsten Carmelina fahren, drohte die Frau. Der Kleine lernte schnell und liess mehr oder weniger freiwillig vom Katzen- und Vogeljagden ab. Dummerweise hat er dann später seine Jagdvorliebe für zweibeinige Jogger entdeckt, doch das ist eine andere Geschichte…


So kam es, dass der artige Chicco endlich in die Berge zu Fridolin und Carmelina in die Ferien durfte. Die Zugfahrt war lang, ellenlang. Ständig unter der schönen und weich gepolsterten Bank hocken und immer wieder die gleichen Sprüche von anderen Reisenden anhören zu müssen, war ätzend: “Jöh, wie herzig, darf man den streicheln. So ein Schnusseliger! Muss man mit dem viel spazieren?” Alles solche Fragen und Sprüche. Da musste ja der beste Hund die Ohren bis zum tiefsten Punkt hängen lassen.


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Chicco merkte nicht, dass er gerade wegen seinen Lampeohren und wegen seinen grossen Lass-mich-in-Ruhe-Augen so aufregend auf fremde Personen wirkte. Der Spaziergang, nach der zermürbenden Zugfahrt zum Haus seiner Ferienstätte, war zum Glück entspannender. Bald fühlte sich Chicco wieder als richtiger Hund. Als wohlerzogener Vierbeiner versteht sich!


Die Ankunft beim Götti und seiner Carmelina erwies sich als Volltreffer. Chicco jubiliert innerlich: “Juhuiii, sehe ich da richtig’”  Im Garten lag friedlich ruhend eine rote Katze.  ”Jä nu. Fett ist sie nicht, aber dennoch…”,  murmelte der kleine Hund und liess ein energisches “Grrrhöhgrrk” ertönen, hob den Schwanz und stemmte die Beine zum Spurt. Schnell noch die Ohren nach hinten gestellt und—- .
Das Frauchen rupfte an der Leine, so dass der Angreifer wieder nach hinten flog. “So ein Mist … Die Katze ist weg … Mein Frauchen ist doof…!” Chicco sinniert innerlich:
“Nichts mag man mir gönnen, besonders nach diesen Reise-Strapazen.”
Der Götti Fridolin klärte den zerknirschten Kerl aber schnell auf. “Du Chicco, das ist unser Hauskater. Er heisst Zimbo, und du wirst ab heute mit ihm zusammen wohnen. Verhalte dich gegenüber Zimbo anständig. Oder sonst wirst du für Deine ganze Ferienzeit angebunden bleiben! Verstanden?” Der zusätzliche Chüngeligriff vom Frauchen wirkte. Widerstrebend und kleinlaut folgte Chicco den immer so vernünftigen Erwachsenen ins Haus.


“Ha, da ist der Katzenteller, voll mit Leckereien und da ist ja noch Milch!”, stellte der zerknirschte Chicco fest. Schnell duckend fragte er sich: “Nimmt mich wunder, was passiert, wenn ich davon koste?” Ein geübter Satz zu den Fressalien und schwupp war alles weg. Die Erwachsenen lachten nur blöd. Kein Geschimpfe! Da soll einer draus kommen!


Erst nach dem Mittagessen gesellte sich auch Zimbo zu uns ins Zimmer. Jetzt wurde es wieder spannend. Möglichst unauffällig machte sich Chicco auf seine schon gut einstudierte Beobachtungs- und Angriffsstellung: “Autsch!”, schon wieder dieser Chüngeligriff, nicht mehr so fest wie vorhin, aber dennoch unmissverständlich deutlich … Unter Anweisung von Frauchen musste Chicco an Zimbo schnuppern. Die Katze machte einen Buckel und fauchte gefährlich. “Hääh?”, staunte Chicco und wich erschrocken zurück. Nur diesmal wurde der mistige Kater von Carmelina zurechtgewiesen: “Zimbo sei anständig zu Chicco, der ist ab heute unser Feriengast!”  Kommentarlos und ohne Maulen mussten wir zwei allerliebsten Tiergestalten Eintracht heucheln, uns gegenseitig  angrinsen und schleimen.


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Ist es aber nicht so, dass jeweils der Gast das Sagen hat und damit der König im Ferienreich der Grossen und Kleinen ist?
Chicco nahm sich vor, diese ihm besonders zusagende Faustregel zu seinen Gunsten so rasch als möglich umzusetzen…

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