Archiv der Kategorie: Chicco

„Ah, da ist ja …

Frau Müller mit ihrem Chicco!”


Nein, nein! Das ist nicht Frau Müller. Das ist mutti, meine Frau!”, korrigiert mein Mann.

Och, Entschuldigung. Ich habe da etwas verwechselt. Denn Lisa hat gesagt ihre Mutter komme und bringe Chicco zu uns ins Büro! Na Kleiner dann bist du auch nicht Chicco, oder?”

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Doch doch, das ist Chicco und ich bin die Mutter von Lisa, nur habe ich einen anderen Nachnamen als Lisa!”

Ach! Dann sind Sie ja der Vater von Lisa?”, wendet sich unser ratloses Gegenüber an meinen Mann. Dieser antwortet ganz trocken: “Na, in irgend einer Form schon!”

Jetzt arbeiten Lisa und ich schon seit einem Jahr in Ihrer Abteilung … Jetzt verstehe ich erst, wieso Lisa und Sie per “Du” sind. Also ich könnte nie mit meinem Vater in der gleichen Firma arbeiten …!”

Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen.


Giuseppe Mazzini



- und -



Ihr sucht die Menschen zu benennen


und glaubt am Namen sie zu kennen.


Wer tiefer sieht, gesteht sich frei,


es ist was Anonymes dabei


J.W. von Goethe 


 

 

Hängt da nicht ein Hund …

an einem grossen Hacken über dem Becken der Kläranlage? „Das ist sicher eine optische Täuschung“. Gleichzeitig stelle ich fest, dass mein Hund nicht mehr neben mir ist.


„He Chicco, wo bist du?“  Da entdecke ich den Kleinen unterhalb der Böschung im schlammigen Bächlein der Kläranlage! „Gopf, Chicco! So eine blöde Scheisse! Komm sofort heraus! Aber sooffoooort!“ Chicco hört natürlich nichts und wälzt sich genüsslich in der stinkigen Brühe! „Chicco hier! Aber gleitig!“ Doch dieser lässt sich nicht stören, schüttelt sich und springt zur Röhre und diese hinein. „Nein, halt Chicco! Nicht da hineine! Hilfe mein Chicco!“ Oben am Hang ruft ein Arbeiter: „Madame, was machen Sie da unten? Kommen Sie sofort rauf!“ – „Bitte helfen Sie mir! Mein Hund ist in die Röhre gelaufen!“ – „Was interessiert mich ihr Hund! Sie kommen jetzt besser hoch, der Überlauf ist randvoll, das Wasser wird bald durch die Röhre schiessen!“ – Halb von Sinnen, laufe ich durch den Match zur Röhre – krieche hinein – und kann Chicco ergreifen. Schnell nehme ich ihn hoch, hetze durch das schlammige Wasser und versuche den Hang hinauf zu kraxeln. Dabei stolpere ich und Chicco fällt mir aus dem Arm. Der Arbeiter kommt runter, packt den Kleinen und hetzt mit ihm den Hang hoch. Ein paar Sekunden später stehe ich ebenfalls oben auf der Strasse und sehe gerade noch, wie der Arbeiter mit meinem Hund im Abwassergebäude verschwindet. Schnell hetze ich ihm nach. Doch die Türe lässt sich nicht öffnen. Wie wild heble ich an der Türfalle. Erbost reisst der Arbeiter die Tür  auf und übergibt mir Chicco mit den Worten: „Da haben Sie Ihren Köter zurück. Meine Kollegen haben mich ausgelacht und gemeint, dieser sei viel zu klein um als Fahne über unserem Klärbecken zu dienen!“ Sagt’s dreht sich um und knallt mit einem ordentlichen Krach die Tür hinter sich zu. Chicco jault …


… und ich springe mit einem Satz aus dem Bett und stolpere über ein zitterndes etwas. Natürlich – wir feiern heute den 1. August 2012. Wie jedes Jahr hat die Knallerei bereits am zeitigen Morgen begonnen. Auch wenn ich obiges nur geträumt habe und Chicco nicht an einem Hacken hängen muss, zittert er wie ein begossener Pudel – das ziemlich sicher bis weit nach Mitternacht!

Heute ist es …

goldig blau und herbstlich lau!

“Komm Chicco! Gehen wir spazieren!”

Etwas später auf dem Feldweg begegne ich Gil:

“Hey Gil! Dieses Wetterchen heute, ein wirklicher Traum!”

“Ouu, Mutti! Gut, dass ich dich sehe! Letzte Nacht! Grässlich! Wieder meine Trülla! Die hat sich voll krass, andauernd gekratzt! Mein Tierarzt hat ihr jetzt eine Spritze verabreicht und Diätfutter verordnent!”

“Schon wieder! Du Gil, hast du gelesen …?”

“Nein Mutti … Hey Trülla, das ist Pfui! Kommst du zu mir! Nein Trülla, hab ich gesagt! Willst du kommen!? Von dem Zeug da, kratzt du dich wieder!”

“Weisst du, die haben in Japan wieder …”

“Ach Mutti, schau wie drollig jetzt Trülla guckt? Die merkt, dass sie einen Saich gemacht hat!”

“Du, dieser Abgeordnete hat von dem Wasser getrunken – und jetzt sagen sie, der Reaktor werde gleich …” –
“Du Trülla, aber nicht schon wieder – komm schnell raus – wenn das der Bauer sieht!”

“Also der Schlamassel in Japan ist noch nicht überst…”

“Du, Mutti – Entschuldige! Ich muss mit meiner Trülla umkehren, sonst kratzt die sich wieder die ganze Nacht!”

 

“Verstehe! Das wäre unangenehm. Also Tschüss ein anderes Mal!”

Etwas weiter vorne treffe ich Tamara mit ihrem Puddel.

“Ja, Tschau Tamara! Schön, dass ich dich sehe! Hast du schon Feierabend?”

“Nein, nein Mutti – Hätte noch einen Kunden … Aber mein Mäxli ist gar nicht gut drauf! Duuuuh?! Der hat’s mit den Nieren. Der Tierarzt hat gesagt…  Eine Stunde später und mein Mäxli wäre gestorben. Jetzt hat er ihm eine Infusion … He Mäxli kommst du wohl zum Fraueli! Ach du mein Schnudeli, du darfst doch keinen Mais essen. Gäll, das weisst du doch! Der Doktor hat’s dir verboten! Gib den Mais dem Fraueli! Jaaa braves Hundi Hundeli, du armes liebes Huscheli!”

“So, so, schon wieder mit den Nieren! Aber sag, weisst du wie es mit dem Gubristtunnel weiter geht? Dein Mann ist doch in dieser …!”

“Hör mir auf mit dem Gubrist! Jetzt schau, der Mäxli ist schon wieder im Mais! Nein, so geht das nicht – ab nach Hause mit dir! Tschüss Mutti tut mir leid, ein anderes Mal!”

Etwa später:

“Huu Huuu Mutti! Warte ich komme gleich ein Stück mit dir!”

“Schön Lena! Hey du siehst gut aus! Warst du in den Ferien?”

“Ja stell dir vor! Auf Madeira! Kaum zu Hause geht der ganze Scheiss wieder von vorne los … Hierher Zambo, was fällt dir ein! Jetzt hat der doch die Maus gefressen …!”

“Auf Madeira! Toll! Warst du in Funchal auch auf dem Markt?”

“Hierher Zambo! Komm komm schön, feini Gutzi!”

“Du Lena, hat es in Santana immer noch diese wunderschönen Bauernhäuser aus Stroh?”

“Zambooo! Hör auf zu puddeln! Was aus Stroh! Hab nichts …. Zamboo, nicht schon wieder eine Maus! Komm jetzt Gutzi … also, wenn du nicht kommst gebe ich das Gutzi Chicco … Hey mutti, siehst du! Ich bin wieder voll im Stress!”

“Na, Lena! Lass doch …!”

“So Zambo, jetzt längst mir! Du kommst mir jetzt an die Leine!”

“Siehst du Mutti – ich glaube Zambo hat es einfach nicht gut getan, soo lange im Tierheim zu bleiben. Die haben ihn sicher hungern lassen, dass er jetzt sogar Mäuse frisst! Nächstes Mal nehmen wir ihn wieder mit uns! Egal was der Flieger dann kostet. Schau da vorne ist Silveli – uuuh Silveli warte mal …!”

Hey Lena und Mutti! Ich muss euch etwas sagen: mein Strolchi hat eine Ohrenentzündung – schlimmer Fall sagt Frau Doktor! Bin fix und total fertig – wie der Schmerzen hat. Seine Ohren sind eitrig geschwollen und ganz wund! Zum Glück ist Poldi zwäg …”

“Chicco hat das auch hin und wieder – du die Tropfen …!”

“Ja, aber, das sag ich dir Mutti – mein Strolchi braucht härtere Ware! Habe ein gutes Mittel, extra einfliegen lassen … Wie war’s auf Madeira Lehnchen?”

“Eigentlich gut! Aber mein Zambo! Oh Gott, dem hat es im Tierheim gar nicht gefallen.  Jetzt ist er ganz durcheinander, stell dir vor, der hat gerade jetzt zwei Mäuse gefressen! Sooo grusig! Wäh, mich schüttelt es richtig! Nächstes Mal fliegt der wieder mit uns mit!”

“Ist auch besser so – Mein Strolchi kommt bei mir nie und nimmer mehr in ein Tierheim oder sonst zu einer Hundetante. Hab meinem Mann gesagt, entweder haben unsere Hunde einen Platz im Flugzeug – oder ich bleibe mit ihnen zu Hause. Diese Tierheime nehmen es gar nicht so genau mit der Pflege und so! Da sieht man es wieder, was die mit Zambo angerichtet haben …! Einfach mega grässlich, die armen Mäuse!”

“Komm Chicco wir gehen! Es ist Zeit fürs Mittagessen!”

Beim Mittagessen zerschneidet mein Mann fein säuberlich ein paar Fleischhappen.

“Du, sag, schmeckt es dir nicht? Was soll das Gefotze?” -


“Chicco hat mir gesagt, er wolle etwas von dem feinen Filetstück!” -


“Das ist jetzt aber nicht dein Ernst? Das kommt gar nicht in Frage. Chicco soll das Zeug in seinem Kübel fressen! Basta!” -


“Aber Chicco hat lieber etwas besseres! Gäll du! Das schmeckt dir! Hab’s doch gewusst!”


Hört ihr mich schnaufen? Ummmm Ummm Ummm! Besser nichts sagen …  Ich verabschiede meinen Mann an der Haustüre. Chicco hält es nicht für nötig seinem Herrchen ein Adieu zu schwänzeln. Er bleibt lieber in seinem Bettchen, da der Bauch so


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schwer vom Essen und Fressen ist …


In der Mitte des Lebens auf den Hund zu kommen


ist ja schön und gut -


aber -


den Hund oder andere Haustiere


in den Mitte punkt zu stellen


ist doch etwas übertrieben!


Oder?


Ach ja, hab ganz vergessen zu erzählen:


Heute hat der Postbote ein Päcklein für Chicco abgegeben.


Darin hat es ein paar schön verschnürte pfundsbraune Stengel und im Begleitbrief steht:


“Verfüttern Sie doch einmal ihrem Liebling den top aktuellen an Mineralstoff angereichterten Vitamin-Happen von Baldi! Einfach den Riegel zerbrechen und die Stücke als kostbare Happi-Häppchen unters Futter mischen! Und vergessen sie nicht, das graue Feld aufzurubbeln! Vielleicht gewinnen Sie für Ihren Liebling einen Wellnesstag in unserem Viersterne – REHA - Zentrum, speziell für Vierbeiner …”.



Nicht jeder Verlust ist …

einer!


Herrlich schönes Wetter. Es geht bergwärts mit Mann und Hund! Da überholt uns eine Frau. Sie bleibt stehen und zeigt auf Chicco: “Kann das sein, dass der Kleine hinkt?” - Mein Mann antwortet: “Chicco hat sich im Sommer am Knie verletzt. Kreuzbänder und Kniescheibe, alles futsch. Die Operation ist gelungen. Doch leider hinkt er doch etwas hin und wieder!” Da erzählt uns die Frau, sie habe früher zusammen mit ihrem Mann  so genannte Arbeitshunde gehabt: “Mein Mann hatte Schäfer zu Polizeihunden ausgebildet. Schreckliche Zeit. Zum Glück ist er gestorben!” – “… und jetzt haben Sie keine Hunde mehr?” – “Natürlich habe ich noch Hunde … die waren nie das Problem! Meine Zucht rentiert immer noch, denn nur mit der Witwerernte liesse es sich’s nicht so feudal leben!”


Mein Mann ist glücklich gestorben …


meine Hunde rentieren … noch!


Schnell mal durch den Wald

 

“Hallo Heiri, auch unterwegs!?”


“Ja dänk! Gopfertori…!“



„Gehts dir nicht gut?“
„Och wie man’s nimmt! Weisst du ich war gerade an der Beerdigung vom Rickenbacher!“
„Was der Rickenbacher? Hat er die Scheidung doch nicht verkraftet!?“, frage ich ganz entsetzt.
„Nein, nein. Es ist nicht so, wie du denkst. Der hatte Krebs!“
„Krebs?“. Etwas beschämt verlegen und ziemlich rasch verabschiede ich mich: â€žKomm Chicco wir müssen weiter!“

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Auch wenn die Abenddämmerung schon fortgeschritten ist, entscheide ich mich für den Waldweg. Im Herbst durchs Laub zu stapfen ist halt einfach verlockend schön. „Puh, da vorne ist ja jemand – soll ich umkehren?“, überlege ich und rufe: „Chicco Fuss, komm; aber rasch!“ Anstelle von Chicco rast ein anderer Hund auf mich zu. „Ach du bist es Chiara! Was machst denn du da so alleine? Wo ist dein Frauchen?“ Ich schau mich um – und schon steht entschuldigend ein fremder Mann…? – Nein, da steht doch wahrhaftig der tot geglaubte Rickenbacher vor mir. Mir stockt der Atem. „Aeh guten Abend!“ Verlegen kraule ich Chiara. Ein paar belanglose Sätze und ich verabschiede mich hastig. Ich habe schon den ganzen Tag extreme Kopfschmerzen gehabt, aber dazu eine Erscheinung? Das ist mir noch nie passiert.

Zu Hause erzähle ich meinem Mann von Rickenbacher’s Auferstehung. Mein Allerliebster fixiert mich mit einem strengen Blick: “Lies doch die Todesanzeigen durch, dann weisst du es!” Verunsichert sage ich gar nichts mehr. Soll ich ihm erklären, dass ich grundsätzlich keine Todesanzeigen lese, weil das nur Unglück bringt?

Am besten ist es, ich schaue ausnahmsweise doch einmal alle Todesanzeigen durch… Oh auch das noch, die Papiersammlung von heute morgen hat sie bereits entsorgt! Bevor ich an meinem Verstand zu zweifeln beginne, frage ich doch einfach mal die Rickenbacherin selber… Nein, unmöglich! Das gehört sich nicht! In diesem Moment ruft mein Mann: “Mutti, der alte Rickenbacher hatte doch noch einen Vater. Der wohnt seit x-Jahren im Pflegeheim. Du ich glaube, das ist der, welcher gestorben ist – und – beide tragen den gleichen Vornamen …!”

Alles Wissen beruht auf der Übereinstimmung


eines Objektiven mit einem Subjektiven.


Friedrich Schelling


Aeltere Frauen unter sich

Hundevergnügen im eisigen Januar



Was kümmert es Chicco, dass ich erkältet bin und es draussen so eisig kalt ist. Der Vierbeiner will auf seinen ausgiebigen Spaziergang nicht verzichten. Also, ziehe ich mich warm an. In meinem wattierten Kapuzenanzug, den Lammfellschuhen, Halstuch und dicken Handschuhen sehe ich aus, wie ein ausgestopftes Eskimoweibchen. Da es mir, wegen dem Fieber etwas schwindlig ist, benutze ich, für meinen sichereren Stand (und Verstand?) resp. Laufschritt meinen Jogger – Dreiradwagen.

Bereits nach ein paar Metern, auf einem Feldweg, begegne ich einer mir unbekannten älteren Frau. Ihr Hund begrüsst meinen Chicco – und schon tollen beide auf dem verschneiten Gelände um die Wette. Das ist ja wunderbar, so wird mein Hund schneller müde und ich komme geschwinder wieder nach Hause…

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Schon bald bereue ich meine Entscheidung. Denn meine Begleitung entpuppt sich als anstrengende und unermüdlich tratschende Zeitgenossin. Sie berichtet mir, wie viele böse Leute es auf dieser Welt gebe. Sie habe manchmal das Gefühl, die ganze Welt sei gegen sie. Neulich sei bei ihr eingebrochen worden… Seitdem habe sie den Hund. Dieser habe eine Velofahrerin etwas geschuppst, mit dem Resultat, dass sie von der Polizei eine Vorladung bekommen habe. Auf dem Posten habe sie eine Busse erhalten, weil sie sich energisch für ihren Hund eingesetzt habe. Zu guter Letzt habe sie noch einen Hundekurs besuchen müssen…

„Oh Hergott verrate mir, wie ich diese Madame wieder loswerde!?“, denke ich… Da, meine Rettung! Nur ein paar Schritte vor uns ist meine Kollegin mit ihrem lustigen Dackel. „Hey …“, will ich ihr zurufen. Doch diese verschwindet in windeseile in den nahen Wald. Wahrscheinlich hat sie mich in meinem Aufzug und Dreiradwagen nicht erkannt… „Ha, sehen Sie, diese Person dort, die verzieht sich aber sehr eilig, wenn sie mich sieht!“, triumphiert meine für mich nicht mehr so liebsame Begleitung. „Wissen Sie, die hat ihr Haus verkauft. Das ganze Dorf war froh darüber. Jetzt wohnt sie in einer Siedlung mit Eigentumswohnungen. Dort hat sie dann nichts mehr zu lachen. Die werden dieser Dame ihr vorlautes Mundwerk schon stopfen!“ „Ach was…“, versuche ich einzuwenden. „Kennen Sie diese Frau?”, fragt mich mein Gegenüber. Aus irgend einem Grund verneine ich. Jetzt werde ich aufgeklärt, dass eben gerade diese Frau eine sehr aufsässige Person sei. Ich meinerseits ärgere mich über ihre unwahren Ausführungen und denke: „Puh, das ist ja hundertfünfzig-protzentige Verleumdung! Mir reicht es!“. Rasch pfeiffe ich Chicco zu mir, damit ich mich so eilig aus dem Staub machen kann.

Doch weit gefehlt. Die Frau heftet sich an meine Fersen und will wissen, wohin ich jetzt gehe. „Ach, ich muss nach Hause. Dort wartet mein Mann auf mich?“ „Was, Sie haben ihren Mann noch?“ Ich überhöre ihre zynische Frage und verabschiede mich. „Nein, nein, sie gehen mir, um diese Zeit, aber nicht mehr alleine über das Feld. Es ist bereits dunkel – sie könnten ja überfallen werden!“ Entschieden wehre ich ihre Hilfeleistung ab. Ahnungsvoll fühle ich mich wie eine zappelnde Fliege im Spinnennetz. Denn die gute Frau umgarnt mich wie eine gefrässige Spinne! Da unsere Hunde immer noch emsig und aufgeregt umher tollen, fühlt sie sich bestärkt in ihrer ritterlichen Rolle bestärkt. Hundevergnügen hin oder her. Ich habe genug und will nur noch nach Hause. Deshalb frage ich die resolute Dame, ob denn niemand zu Hause auf sie warte. „Nein, nein, stellen sie sich vor, ich habe nur eine Tochter und die kommt selten nach Hause und mein Mann ist vor einiger Zeit auf der Toilette gestorben! Ja, das war eine Sache, das kann ich ihnen laut flüstern!“ – „Grzzz… och, die Frau gibt keine Ruhe, herrgottsakrament!“ – Im triumphierenden Singsang erzählt sie mir nun vom Ableben ihres Mannes: „Also, das war so. Er hat versehentlich die falschen Tabletten geschluckt. Natürlich ist nachts unser Hausarzt nicht erreichbar gewesen. So habe ich die Polizei angerufen. Die ist dann gekommen, etwas später auch der Leichenwagen und so haben sie ihn ins Unispital gebracht, ihn dort aufgemacht und gesehen, dass er etwas Falsches geschluckt hat.!“ – Ich denke für mich: “Wahrscheinlich das Gift einer gefrässigen Spinne!” Etwas unwirsch erkläre ich der Witwe, dass ich nun wirklich alleine des Wegs gehen will. Demonstrativ nehme ich meinen Chicco an die Leine. Weit gefehlt. Die Frau legt noch einen Zacken dazu und fragt mich mit einem sehr resoluten Ton: „Wieso führen sie einen so grossen Wagen mit sich, ohne dass ein Baby oder eine Ware drin ist?“ Verdutzt antworte ich: „Ach, das ist nur, weil es mir etwas schwindlig ist!“ „So, soo! Schwindlig ist ihnen. Ich will ihnen jetzt was sagen, ich bin vierundachtzig! Wenn sie ein Leben lang so gekrampft hätten wie ich, dann müssten sie mit fünfundsiebzig Jahren nicht mit einem solchen Wagen herumlaufen“. Soll ich der Frau offenbaren, dass ich erst siebenundfünfzig bin? Ohne dass ich etwas dazu sage, fährt sie fort: „Sehen sie: ich benötige keine so vornehme Handtasche wie Sie sie da mitführen. Gerade vorhin habe ich auf der Bank mein Geld geholt. Dieses stecke ich in diese schmuddlige Stofftasche! So, und jetzt ist die Post zu, somit werde ich halt erst morgen meine Zahlungen erledigen!“, dabei lacht sie richtig fröhlich und fuchtelt mit der Tasche vor meiner Nase auf und ab und ergänzt: „In einer solchen schmutzigen Tasche vermutet niemand Geld – und – ausserdem, ha, mein Hund kann kräftig zubeissen und meine Tasche verteidigen!“ Sagt’s und folgt mir tatsächlich samt ihrem Vermögen bis zu mir nach Hause…

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Die gute Frau erklärt mir eingehend und immer wiederholend, dass sie auf ihre Schutzbegleitung beharre, weil ich sehr schwächlich aussehe, zudem sicher auch Geld auf mir trage; und sowieso mein Hündchen zur Selbstverteidigung überhaupt nichts tauge… Auf die Idee, dass ich sie hätte überfallen können, ist meine all zu anhänglich Begleiterin nicht gekommen… Zugegeben: an diesem Abend habe ich mich so kaputt gefühlt, dass ich nicht einmal einer Mücke nachgestellt hätte!


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Bild aus: http://www.ruthe.de

Es war einmal ein kleiner Hund …

… etwas verspielt, verträumt und gänzlich unerfahren.


Der kleine Vierbeiner hiess Chicco. Eben weil er so klein war.


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Seine Lampeohren und sein etwas länglicher Schwanz flogen durch die Luft, wenn er zum Schnellspurt ansetzte. Sprinten konnte der pfiffige Chicco wie kein zweiter Hund. Keine Katze, kein Vogel oder Tennisball war vor ihm sicher. Immer zielsicher erreichte er seine Opfer. Mit einem gewaltigen Bremser packte er zu und: Da könnt ihr ja denken was da passierte… Seine Familie, bei der er ein genüssliches und abwechslungsreiches Dasein hatte, erfreute sich leider nur an seinen kühnen Ballspielen. Alles andere, wie Katzen- und Vogeljagd, Kühe anbellen, sowie Pferde zwicken, wurde ihm so rasch als möglich ausgetrieben. Sein Frauchen meckerte öfters und gebot ihm, sich endlich anständig gegenüber fremden Vierbeinern zu benehmen. So dürfe er nie und nimmer in die Ferien zu seinem Götti Fridolin und zu seiner allerliebsten Carmelina fahren, drohte die Frau. Der Kleine lernte schnell und liess mehr oder weniger freiwillig vom Katzen- und Vogeljagden ab. Dummerweise hat er dann später seine Jagdvorliebe für zweibeinige Jogger entdeckt, doch das ist eine andere Geschichte…


So kam es, dass der artige Chicco endlich in die Berge zu Fridolin und Carmelina in die Ferien durfte. Die Zugfahrt war lang, ellenlang. Ständig unter der schönen und weich gepolsterten Bank hocken und immer wieder die gleichen Sprüche von anderen Reisenden anhören zu müssen, war ätzend: “Jöh, wie herzig, darf man den streicheln. So ein Schnusseliger! Muss man mit dem viel spazieren?” Alles solche Fragen und Sprüche. Da musste ja der beste Hund die Ohren bis zum tiefsten Punkt hängen lassen.


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Chicco merkte nicht, dass er gerade wegen seinen Lampeohren und wegen seinen grossen Lass-mich-in-Ruhe-Augen so aufregend auf fremde Personen wirkte. Der Spaziergang, nach der zermürbenden Zugfahrt zum Haus seiner Ferienstätte, war zum Glück entspannender. Bald fühlte sich Chicco wieder als richtiger Hund. Als wohlerzogener Vierbeiner versteht sich!


Die Ankunft beim Götti und seiner Carmelina erwies sich als Volltreffer. Chicco jubiliert innerlich: “Juhuiii, sehe ich da richtig’”  Im Garten lag friedlich ruhend eine rote Katze.  ”Jä nu. Fett ist sie nicht, aber dennoch…”,  murmelte der kleine Hund und liess ein energisches “Grrrhöhgrrk” ertönen, hob den Schwanz und stemmte die Beine zum Spurt. Schnell noch die Ohren nach hinten gestellt und—- .
Das Frauchen rupfte an der Leine, so dass der Angreifer wieder nach hinten flog. “So ein Mist … Die Katze ist weg … Mein Frauchen ist doof…!” Chicco sinniert innerlich:
“Nichts mag man mir gönnen, besonders nach diesen Reise-Strapazen.”
Der Götti Fridolin klärte den zerknirschten Kerl aber schnell auf. “Du Chicco, das ist unser Hauskater. Er heisst Zimbo, und du wirst ab heute mit ihm zusammen wohnen. Verhalte dich gegenüber Zimbo anständig. Oder sonst wirst du für Deine ganze Ferienzeit angebunden bleiben! Verstanden?” Der zusätzliche Chüngeligriff vom Frauchen wirkte. Widerstrebend und kleinlaut folgte Chicco den immer so vernünftigen Erwachsenen ins Haus.


“Ha, da ist der Katzenteller, voll mit Leckereien und da ist ja noch Milch!”, stellte der zerknirschte Chicco fest. Schnell duckend fragte er sich: “Nimmt mich wunder, was passiert, wenn ich davon koste?” Ein geübter Satz zu den Fressalien und schwupp war alles weg. Die Erwachsenen lachten nur blöd. Kein Geschimpfe! Da soll einer draus kommen!


Erst nach dem Mittagessen gesellte sich auch Zimbo zu uns ins Zimmer. Jetzt wurde es wieder spannend. Möglichst unauffällig machte sich Chicco auf seine schon gut einstudierte Beobachtungs- und Angriffsstellung: “Autsch!”, schon wieder dieser Chüngeligriff, nicht mehr so fest wie vorhin, aber dennoch unmissverständlich deutlich … Unter Anweisung von Frauchen musste Chicco an Zimbo schnuppern. Die Katze machte einen Buckel und fauchte gefährlich. “Hääh?”, staunte Chicco und wich erschrocken zurück. Nur diesmal wurde der mistige Kater von Carmelina zurechtgewiesen: “Zimbo sei anständig zu Chicco, der ist ab heute unser Feriengast!”  Kommentarlos und ohne Maulen mussten wir zwei allerliebsten Tiergestalten Eintracht heucheln, uns gegenseitig  angrinsen und schleimen.


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Ist es aber nicht so, dass jeweils der Gast das Sagen hat und damit der König im Ferienreich der Grossen und Kleinen ist?
Chicco nahm sich vor, diese ihm besonders zusagende Faustregel zu seinen Gunsten so rasch als möglich umzusetzen…

Chicco auf Reisen

Es war wieder einmal ein wunderbarer heisser Tag. Ich lag im Schatten und döste. Rief da nicht mein Frauchen? “Chiiicccooo chumm!¨ Ich grunzte etwas und setzte mich in Bewegung. “Da bist du ja, he, Chicco komm, wir fahren weg!” Mein Frauchen holte vom Estrich die grosse rote Reisetasche. Diese wunderbar füllige Tasche mit Rädern und ordentlichen Handgriffen versprechen immer mehrtägige Ausflüge oder glückliche Ferientage. Kaum war das rote Ungetüm bepackt und verschlossen, befinden wir uns schon auf dem Weg zum Bahnhof. Die Räder vom roten Packmobil knirschten und bereiteten mir wie immer ein wenig Angst. Frauchen hielt mich straff an der Leine und mahnte mich: „Mach dein „Geschäft“ heute bitte etwas schneller als sonst!“ Entsprechend nervös trippelte ich neben meiner Chefin zur Bahnstation und erledigte meine Markierungen dienstbeflissen im Eilverfahren. Endlich sassen wir im Zug. Ich legte mich unter den Sitz und schlief sofort ein. Denn ich wusste, wenn die rote praktische Tasche mit geführt wurde, dauerte die Bahnreise etwas länger als üblich.

Ruckartig hielt der Zug an unserem Reiseziel an. Hellwach und mit einem Satz setzte ich mich in Bewegung. Mit grosser Freude stellte ich fest, dass wir in der Westschweiz angekommen sind. Unser Ferienhäuschen am Murtensee erreichten wir über die Feldwege in Windeseile. Zuerst war ich am Ziel; ohne Leine und Gepäckgepolter ein Kinderspiel. Zum Glück hatte es vor dem Haus ein Brunnen. Auf Galopp, schon landete ich im tiefen und kühlen Brunnenwasser. Genüsslich eine Runde schwimmen, Wasser trinken und wieder rausspringen; sich schütteln und entspannt vor die Haustüre legen, gehörte auch zu meinem Begrüssungsritual.

Ein tiefes Schnaufen und Keuchen. Endlich kam auch mein Frauchen strahlend und Schweiss gebadet in unserem Heim an. Ihre Reisetasche flog über die Treppenstufen und blieb rücklings liegen. „Huch das wäre geschafft!“ Frauchen atmete schnell und laut. Jäh horchte sie auf und rief: „Oh, da weint jemand!“ Frauchen und ich guckten einander verdutzt an… Tatsächlich! – „Das ist Timi!“ gluckste meine Chefin. Sie liess bestürzt alles liegen und stürmte zum Nachbarhaus. Blitzschnell stellte auch ich mich wieder auf meine vier Pfoten und fegte meinem verwirrten Frauchen hinterher. „Mein Hase stirbt! Hopsi ist verletzt! Er blutet! Er stirbt!“ Timi schrie und weinte. Er war ganz aus dem Häuschen und hielt einen verängstigten weissen Wollknäuel auf dem Arm. Tatsächlich Hopsi, das Häschen war überall rot. „Was ist los! Zeig Timi! Was ist mit Hopsi?“ Frauchen nahm Timi vorsichtig das zitternde Häschen aus dem Arm. Überall Blut. „Komm, gehen wir mit Hopsi zu uns rüber!“ Zu Dritt hasteten wir in unser Haus zurück und hüllten hier das verängstigte Häschen in ein Badetuch. Die blutende Wunde wurde vorsichtig abgetupft. „Das blutet zu stark! Wir müssen mit Hopsi zum Tierarzt!“ rief Frauchen. Timi weinte wieder erbärmlich und schrie: „Nein, der bereitet Hopsi nur noch mehr Schmerzen!“ „Ach was.“ beruhigte ihn mein Frauchen…. Sekunden später befanden wir uns aufgeregt auf dem Feldweg Richtung Tierarzthof. Frauchen trug Hopsi in ihren starken Armen. Hopsi’s Lampi-Ohren und die rosige Stupsnase guckten verloren aus dem Badetuch hervor. Timi trottete neben uns her und weinte still vor sich hin. Seine pfausigen Lausbuben Backen waren verschmiert. Seine Hände fühlten sich klebrig und elend an. Der Tierarzt wohnte mitten im stark besonnten Rebberghügel. Unser Ziel konnten wir deshalb nur über eine steile Bergstrasse erreichen. Huch, die heissen Pflastersteine verbrannten fast meine samtigen Pfoten. Die bleierne Hitze vertrieb mir sogar die Lust zum Markieren. „Wenn wir doch nur endlich da wären!“ stöhnte mein Hundeherz. Ich kannte den Tierarzt und seine Hofanlage bestens. Denn da wohnten einige meiner besten Freunde. Dank dem verletzten Hopsi durfte ich diese bereits am ersten Ferientag besuchen.

Das dämliche Blöcken der muffigen Schafdame Mägi schallte uns schon von weitem entgegen. Ich mochte Mägi überhaupt nicht leiden … Dieses stinkende Schaf mied ich, wie die laute Schiessanlage in unserem Dorf. Die Hühner Trixi, Gaxi und Glucksi gackerten zur Begrüssung um die Wette. Das gefiel mir besser, denn dieses Trio garantierte mir bei jedem Besuch ein spannendes Erlebnis. Einen Hofhund hatte es hier nicht. Zur Bewachung der Anlage genügten dem Tierarzt die beiden Gänse Schnatteri und Datteri. Das sind zwei überaus charmante, doch etwas eingebildete und ebenso nervöse Gänsedamen. Sie spurteten mit mir meistens gerne um die Wette auf dem blitzblank sauberen Hofplatz umher. Das gut eingespielte Gänseteam kam uns wie immer, aufgeregt und laut schnatternd entgegen geeilt. Dank dem Schnattern der Gänse, dem Gackern der Hühner und dem lauten Weinen von Timi, sowie dem nervösen Rufen von meinem Frauchen, tritt der Tierarzt forsch und verwundert aus dem Haus. Schnell nimmt er meinem Frauchen das traurige Hasenbündel ab. Er trug es, in Begleitung vom verzweifelten Timi und meinem Frauchen, in seine Praxis. Mich hatten die ganz vergessen …

Blitzschnell huschte ich deshalb zu meinen besten Kumpanen dieses Hofes, natürlich wie immer in Begleitung von Schnatteri und Datteri. Unsere besten Freunde Samba und Rambo erwarteten uns schon. Die zwei Schweinchen begrüssten uns schnorch – scharchend intensiv und heftig. Ach wie fein rochen diese beiden Säuli. Viel rosiger und angenehmer als das doofe Schaf Mägi. Heute liess mich Rambo nicht all zu lange sein lauwarmes Wasser trinken. Er schubste mich energisch und stiess mich vorwärts Richtung Hühnerstall. Ich zwickte Samba rasch ins Bein. Das hiess „Komm auch mit!“ So zogen wir drei wieder hügelwärts, gemeinsam mit den schnatternden Gänsen. Schnatteri und Datteri watschelten voraus; ich freudig wedelnd, mit dem trägeren Rambo und der lustigen Samba im Schlepptau, hintennach.
Die Hühner Gixi, Gaxi und Gluxi zeigten sich sehr beschäftigt und beachteten uns nicht. Die drei Damen hatten (wie immer) die verantwortungsvolle Aufgabe unzählige Eier zu legen. Diesen Monat durften sie ein paar Eier ausbrüten. Die jungen Küken waren vor ein paar Tagen geschlüpft und tanzten, trippelten und trappelten auf dem sandigen Boden umher.

Oh, laufende Tennisbälle hatte ich noch nie gesehen! Die mussten besonders eifrig beschnuppert werden. Ein kleiner Stups. Ein Küken fiel fast auf seinen Schnabel. Die Hühnermütter beachteten uns nicht. Sie überliessen uns ihre Jungmannschaft zum Rumalbern. Schnell hatte ich den Trick raus, wie man so kleine Bibeli im Laufschritt, eines hinter dem anderen, auf ein Ziel zutreiben konnte. Rambo und Samba verköstigten sich inzwischen mit feinem Hühnerfutter, pudelten Löcher in den Boden und störten die grossen Hühner mit schnorchendem Stupsen und Stossen. Die Gänse verzogen sich wieder auf den Hofplatz, und ich trieb derweil die Minihühnerschar unbemerkt zum Hofzaun. Das grösste und vorwitzigste Hühnchen entdeckte eine lochartigeVertiefung unter Zaun. Es schlüpfte durch. Dumm guckte ich ihm nach. Das nächste schlüpfte eben so rasch in die Freiheit. Ein weiteres … huch, und auch das nächste usw.. Die ganze Bibelischar kroch hurtig durch das Sandloch in die grosse Welt. Schnell paddelte ich noch mehr Sand unter dem Zaun weg. Mit Ach und Krach robbte ich mich, durch die vergrösserte Öffnung, unter dem Zaun durch. Gott sei dank geschafft! Die Hühnchen hatten sich ausserhalb des Geheges zu einem Reigen versammelt und piepsten wunderschön und aus voller Kehle. Mit meiner Hundenase stiess ich eines der Hühnchen an. Dieses verstand die Sprache, raffte sich auf und trippelte nervös auf den steil abfallenden Hofweg zu. Seine Geschwister tapsten hinterher und ich schloss mich der gelben fröhlichen Bibelitruppe an. Die Küken liefen vor mir, eins hinter dem anderen, wackelnd talwärts … Das war mir recht. Auf diese Weise konnte ich meine junge gelbe Gruppe bestens in Schach halten. Kein besserer Hirtenhund hätte seine Meute besser treiben können… Mir bereitete dieser Marsch in die Freiheit sehr grossen Spass und ich begann vor lauter Freude zu bellen. Das war mein Fehler. Mein Bellen alarmierte die Gänse, sowie die beiden Schweinchen, die Hühner, den Tierarzt, Timi und mein Frauchen.

Meine Chefin entdeckte mich und meine tolle und flinke Begleitung zuerst. Laut fluchend und lamentierend versuchte sie mich und die Bibelischar einzuholen. Dieses nervöse Getue bereitete meinen Bibeli grosse Angst und sie stackelten noch flotter die steile Rebstrasse hinunter. Demzufolge musste ich ihnen sprunghaft nacheilen.

Der Tierarzt schaltete notgedrungen seinen Denkapparat ein. Er schrie nicht, wie die anderen, unorganisiert herum. Besonnen stieg er in sein Auto und fuhr so rasch als möglich über die weniger steile Umfahrungsstrasse zu Tale. Unten gelangte er mühelos zur Einfahrt vom Hofweg. Er stellte sein Auto quer in den schmalen Einfahrtsweg. Dies klappte gerade noch rechtzeitig. Zu Fuss erreichte er die Bibelischar. Diese wollten soeben den steinernen Hofweg verlassen und in den seichten Rebbach hüpfen. Der kluge Tierarzt sammelte die Kleinen eins nach dem anderen ein, steckte sie sorgfältig in seine Jackentasche und deponierte sie anschliessend wohlbehalten in seinem Auto. In der Zwischenzeit ist auch mein Frauchen keuchend bei uns unten angekommen. Es packte mich am Genick und schüttelte mich kurz und tüchtig durch. Was es gesagt hatte weiss ich nicht mehr. Möchte die Worte auch nicht wiederholen. Auf jeden Fall trottete ich brav neben meinem fauchenden Frauchen wieder hinauf zum Tierarzthof.

Timi stand derweil sprachlos vor der Praxis empfing uns mit den besorgten Sätzen:
„Ich komme nicht draus! Was ist denn passiert?“. Das war meine Rettung. Schnell entwischte ich meinem Frauchen und sprang aufgeregt wedelnd zu Timi. Er nahm mich in seine heissen Arme und drückte mir sein klebriges und verweintes Gesicht ins Fell. Er flüsterte dabei ganz glücklich: „ Hör mal Chicco, mein Häschen ist gerettet. Der Tierarzt hat ihm die Wunde zugenäht.“ Weiter spricht er auf mich ein: „Aber was machst du für dumme Sachen! Du sollst doch dich und all die anderen Tiere nicht unnötig gefährden oder sonst was Blödes mit Ihnen anstellen. Ihr könntet dabei verunglücken oder umkommen!“ und weiter jammerte Timi: „Ach, so eine Flickerei beim Tierarzt würde ich nicht noch einmal
durchstehen!“ Ich drückte mein stark klopfendes Hundeherz an Timi und versprach ihm still brummelnd, in Zukunft vernünftiger zu handeln.

In der Zwischenzeit hatten sich Frauchen und der Tierarzt von ihrem Schreck erholt. Versöhnlich streichelten sie mich und Timi und reichten mir endlich feines Futter und frisches Wasser. Die Bibeli wurden unversehrt den dusseligen und stolzen Hühnermüttern Gixi, Gaxi und Gluxi übergeben.

Ob die Tierarztfamilie die Vertiefung unter dem Zaun ausgebessert hat, weiss ich nicht.
Wir werden sehen!