Archiv der Kategorie: freie Nacherzählungen

Jeder konnte heute …

aus der Presse erfahren, dass eines der ersten Märchen von Hans Christian Andersens gefunden wurde. Er hat dieses bereits als 17- oder 18-jähriger geschrieben. Er hat eine Abschrift davon, mit dem Titel „die Talgkerze“, seiner Nachbarin Madame Bunkeflod geschenkt. Hier eine Nacherzählung à la mutti:


Es war einmal ein besonderes Mutterschaf, das produzierte viel wertvollen und rein weissen Talg. Dieser wurde in einen speziell auserwählten metallener Schmelz – Tigel gegeben. Durch die Hitze im Tiegel wurde die talgige Masse flüssig und konnte sich so ganz eng um einen Faden hüllen. Mit dem Faden fest verbunden liess sich der Talgstrang hoch in die kühlere Luft tragen, um dann Sekunden später wieder in den heissen Sud abzutauchen. Durch das ständige Auf- und Abtauchen wurde aus der    schneeweissen, sowie noch anfänglich weichen und dünnen Talgmasse eine wunderschöne Kerze.


Als ausgewachsene Kerze machte sie sich nun auf, um sich etwas auf der Welt umzuschauen. Sie liess sich von jedermann anfassen und drücken. Wegen der arbeitsgeschwärzten Hände der Erdenbürger wurde die Kerze arg verdreckt. Weil die Leute aber das Zentrum der Kerze ausspionieren wollten, drückten und rieben sie diese immer mehr und mehr. Der Talgstummel blieb elastisch und niemand konnte bis in  sein Innerstes vordringen. Durch das stete Abtasten wurde die Hülle leider pechschwarz und unansehnlich, und das Innerste konnte so erst recht nicht mehr entdeckt werden. Einige Leute erbosten sich darüber. Empört warfen sie die unnütze Kerze fort. Diese wurde sehr traurig, fühlte sich unnütz und übers Ohr gehauen. Sie erkannte alsbald, dass ausgerechnet sie es war, die durch ihre Geheimnistuerei das Schlechte und die Gier im Menschen zu Tage brachte und sogar noch förderte. Sie begann über sich selber, über ihre Sturheit und ihre Standhaftigkeit, nichts preis geben zu wollen, zu schimpfen. Die Kerze bekam immer mehr das Gefühl ein schlechtes Wesen zu sein und begann zu weinen …


Ein flammendes Feuerzeug näherte sich der traurigen Kerze. Die Flamme erhellte die Umgebung und deren Wärme trocknete ihr das tränenverschmiertes Gesicht. Der Kerze selber wurde es immer wärmer und wärmer. Sie öffnete sich und richtete ihren Docht mit aller Kraft zum Feuer und liess sich an der obersten Spitze entflammen. Der Talg am unterhalb der Flamme spürte die Wärme und begann zu schmelzen. Ein wundervoll weisser Wachsmantel begann die Kerze herrlich wohlig und im wunderbarsten Weiss zu umhüllen. Sie erstrahlte von da an in ihrer ursprünglicher Gestalt. Doch dank ihrer leuchtenden Flamme konnte erst jetzt jedermann erkennen, dass eine Kerze nur dann ihren Sinn und Zweck erfüllt, wenn sie brennt und Licht und Wärme verbreitet.



So ist das Wesentliche einer Kerze nicht das Wachs,


das seine Spuren hinterlässt,


sondern das Licht.


Antoine de Saint-Exupéry

Eine kleine Geschichte …

… über das Glück und die Zufriedenheit

entdeckt im Internet:


Ein paar Suchende, unter anderem auch mutti, kamen zum Master. Sie fragten ihn, was er den mache, damit er stets so ausgeglichen und glücklich sei. Sie möchten liebend gerne ebenfalls so zufrieden durchs Leben gehen. Der Master antwortete: “Das ist ganz einfach: wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ich und wenn ich esse, dann esse ich.”


Die Fragenden und schauten sich irritiert an und mutti feixte: “Ja du bist gut, das machen wir auch …”.  Der Master grinst genüsslich: “mutti, du hörst eben nicht richtig zu! Also, wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ich, und wenn ich esse, dann esse ich.” mutti und ihre Begleiter schüttelten den Kopf und stöhnten: “He Mann, was soll das!?”


Der Master lacht und erklärt:  ”Ja, sicher liegt ihr – und ihr geht – und ihr esst. Aber während ihr liegt, denkt ihr schon ans Aufstehen. Während ihr aufsteht, überlegt ihr wohin ihr geht und während ihr geht, fragt ihr euch, was ihr essen könntet. So sind eure Gedanken ständig woanders und nicht da, wo ihr gerade seid. Eure Krux ist, dass euch eure Vergangenheit und eure Zukunft mehr beschäftigt, als das Heute und Jetzt. Sammelt eure Hirnwindungen und konzentriert euch auf die Sache, die ihr gerade tut. Ja dann, werdet ihr eure Mitte finden, eure Unruhe ablegen können, zufriedener und ausgeglichener sein Amen!” – “He mutti lach nicht, dieser Rat gilt besonders dir!”


Lieber Gott


Wie wir zukünftig glücklich und zufrieden sein können, das haben wir begriffen. 


Vergiss nicht, wir wünschen uns ebenfalls,


dass wir stets gesund, lieb und zuvorkommend sind,


ebenfalls geistreich, abgeklärt und schlau.


Ausserdem würden wir es sehr schätzen,


etwas reicher, unabhängiger und freier zu sein.


Es grüsst dich aus dem Unterland


mutti + co.

Frau Holle soll es richten …

 … und sie hat gerichtet!


Ihr kennt ja sicher alle das Märchen “Frau Holle”. Dieses beginnt mit einer bösen Stiefmutter, die ihr eigenes Kind mehr liebt, als ihre Stieftochter. Nun ihr leibliches Mariechen wird verwöhnt und das Stiefkind wird zum Arbeiten verdonnert.


Einmal fällt dem chrampfenden Mädchen ein Werkzeug in den tiefen Brunnen. Das Mädchen springt ins Wasser, um das Werkzeug heraus zu holen. Aber heiliger Bimbam, das Kindchen taucht nicht mehr auf. Es hat in diesem Wasserloch einen neuen Ausbeuter gefunden. Es muss noch mehr arbeiten als früher. Es wird genötigt Brot zu backen und reife Äpfel von den Bäumen zu schütteln. Da Frau Holle weiss, dass Kinderarbeit nicht erlaubt ist. Deshalb holt sie das fleissige Mädchen zu sich ins Haus. Dort darf die Kleine den lieben langen Tag lang Kissenschlachten veranstalten. Je mehr Federn fliegen, um so besser; denn dann schneit es auf der Erde. Die liebe Frau Holle ist so froh, dass in ihrem Haus endlich wieder Kinderlachen ertönt, dass die Erde endlich wieder einmal richtig eingeschneit wird. Sie betreut deshalb das muntere Mädchen und versorgt es mit allem und jedem was so ein lebhaftes Wesen tagein tagaus benötigt. Natürlich schneit es dann auf der Erde nicht. Doch das ist ja schnurz. Denn wir auf der Erde wissen ja, wenn es nicht gerade schneit, darf sich ein Kind etwas erholen und einfach sein Leben geniessen.


Aber wie es halt so mit Kindern ist, es wird ihnen bald einmal langweilig und sie möchten nach Hause – so auch das Pflegekind von Frau Holle. Frau Holle wird darüber sehr traurig. Doch sie versteht das Mädchen und öffnet ihm Tür und Tor, damit es zu seinen Lieben eilen kann. Als die Kleine so unter dem Tor steht und sich nochmals zur Frau Holle umdreht, um ihr zu winken, regnet es auf einmal lauter Gold über das aufgeweckte Kind. Hei wie sich die Kleine darüber freut.


Schnell rennt es nach Hause.  Der Güggel ist der erste, der sie sieht. Er kräht und ruft: “Kikerikii unsere goldige Tochter ist wieder hier!” Die steife Mutter und ihre windige Tochter rocken dem goldigen Stiefkind entgegen und gröhlen: “Ist ja voll krass! Hey, abgefackt höllisch genial!” Marie und ihre Mutter wollen sofort getscheckt haben, wieso diese Tussy jetzt so goldig abgefahren vor ihnen steht. Das Mädchen berichtet ihnen alles. Ja super, jetzt möchte Marie auch zur Frau Holle. Als die Mutter ihr abartiges Kind in den Brunnen wirft, kräht dieses erst höllenmordsmässig irre, um dann sogleich im Brunnenloch rechtens um den Bäckereibetrieb zu schleichen; die Apfelbäume lässt es ebenfalls links liegen. Bei Frau Holle, läutet es sturm und  schleimt: “He Alte, sag wo ist das mega geile Tor mit dem goldigen Kick!” – “Schau mein Kind, komm du zuerst in mein Haus. Wir veranstalten miteinander mal eine grosse Kissenschlacht, dann führe ich dich dorthin.”


Kissenschlacht? Nein, so beschissen bin ich wirklich nicht!” – “Aber dann schneit es nicht auf der Erde!” – “Scheiss drauf! Ich will jetzt zur obergeilen Klunkertüre!” – “Ja, gutes Kind …!” – “Bin nicht ihr gutes Kind. Ihnen piepst es wohl gewaltig!” – “Ja, da hast du Recht mein Engel. Bei mir singen die Vögel den lieben langen Tag … Schau dort ist dein Pförtchen – und – Büet di Gott Chind!”, sagt’s und verschwindet rasch ins Haus.


Marie gröhlt: “Blas dir gleich den Marsch Alte, du bist ja voll krass peinlich!”, und sie  hinkt und gingt dabei ans Tor. Es blitzt und donnert! Ein Pechregen ergiesst sich über die schreiende Göre: “Du hinterfutzige Drecks-Alte! So ein brutaler, saumässiger Megascheiss!” Ultra verkackt rennt Mariechen nach Hause. Der Gockel auf dem Mist kräht: “Kikerikiii, die verdammte Pechtussy ist wieder hier!” Die Mutter fällt brutal in Ohnmacht. Die voll tierisch abgefackte Pechmarie stolpert über die hinüber gesteilte Mutter. So genial! Das Pech ergiesst sich nun auch über diese Amme.


Okay, das ist wirklich eine Riesenschweinerei, denn:


Manchmal trifft es die Richtigen


mit dem Pech -


manchmal die Falschen.


Doch: Wer weiss schon, was richtig oder falsch ist!


So Klugscheisser, werd jetzt nur nicht ätzend. Denn, he verdammt! Eine schwarze Weste ist gar nicht so kacke. Sie liegt im Trend und ist erst noch spitze mega hammergeil. Ich möchte damit nicht sagen, das dies an meinem Arsch vorbeigeht. Aber immerhin checke ich einiges schon ganz gut! Zum Beispiel:


Im richtigen Moment die Fresse zu halten …


… fragt sich nur, wann der Moment richtig oder falsch ist.


mutti


Zum 1. 11. 2011 …

eine Geschichte aus Südasien.

Es waren einmal fünf weise Gelehrte. Sie alle waren blind. Diese Gelehrten wurden von ihrem König auf eine Reise geschickt und sollten herausfinden, was ein Elefant ist. Und so machten sich die Blinden auf die Reise nach Indien. Dort wurden sie von Helfern zu einem Elefanten geführt. Die fünf Gelehrten standen nun um das Tier herum und versuchten, sich durch Ertasten ein Bild von dem Elefanten zu machen.



Als sie zurück zu ihrem König kamen, sollten sie ihm nun über den Elefanten berichten. Der erste Weise hatte am Kopf des Tieres gestanden und den Rüssel des Elefanten betastet. Er sprach: “Ein Elefant ist wie ein langer Arm.”



 

 

 

 

 

Der zweite Gelehrte hatte das Ohr des Elefanten ertastet und sprach:

“Nein, ein Elefant ist vielmehr wie ein großer Fächer.”

Der dritte Gelehrte sprach:

“Aber nein, ein Elefant ist wie eine dicke Säule.” Er hatte ein Bein des Elefanten berührt.

Der vierte Weise sagte:

“Also ich finde, ein Elefant ist wie eine kleine Strippe mit ein paar Haaren am Ende”, denn er hatte nur den Schwanz des Elefanten ertastet.

Und der fünfte Weise berichtete seinem König: ” Also ich sage, ein Elefant ist wie ein riesige Masse, mit Rundungen und ein paar Borsten darauf.”

Dieser Gelehrte hatte den Rumpf des Tieres berührt.

Nach diesen widersprüchlichen Äußerungen fürchteten die Gelehrten den Zorn des Königs, konnten sie sich doch nicht darauf einigen, was ein Elefant wirklich ist. Doch der König lächelte weise: “Ich danke Euch, denn ich weiß nun, was ein Elefant ist: Ein Elefant ist ein Tier mit einem Rüssel, der wie ein langer Arm ist, mit Ohren, die wie Fächer sind, mit Beinen, die wi starke Säulen sind, mit einem Schwanz, der einer kleinen Strippe mit ein paar Haaren daran gleicht und mit einem Rumpf, der wie eine große Masse mit Rundungen und ein paar Borsten ist.”


Die Gelehrten senkten beschämt ihren Kopf, nachdem sie erkannten, dass jeder von ihnen nur einen Teil des Elefanten ertastet hatte und sie sich zu schnell damit zufrieden gegeben hatten.


Diese Geschichte kommt ziemlich sicher aus Südasien. Ebenfalls im Buddhismus und im Islam (Sufismus) wird sie häufig erzählt. Westliche Theologen verwenden ebenfalls gerne diese Geschichte als Gleichnis bei Streitigkeiten!


 

Übrigens, den asiatischen Elefant erkennt man an seinen kleinen Ohren. Der afrikanische Elefant hat riesen grosse Ohren.

 

 

 

 

Hier haben wir noch die berühmte Sabu - die Ausgebüxste vom Zircus Knie! An einem Sonntag, kurz, bevor man sie in den Transporter verladen wollte, entwischte sie den Wärtern und spazierte gemächlich durch Zürich, um am See ein Bad zu nehmen. Ebenfalls in Wettingen trickste sie die Wärter aus, und absol vierte seelenruhig einen Trip durch die Qaurtierstrassen. Man konnte sie einfangen, ohne das sie einen Rambazamba zelebrierte. Seit ihren zwei Ausflügen, darf Sabu nicht mehr mit auf die Tour. Sie wohnt jetzt im Zoo von Rapperswil, wo sie das Zepter fest in ihrer Hand hat. Sie wirkt sehr ruhig und aufgeräumt. Herrlich, sie geniesst es, wenn man sie fotografiert … 





Es gibt auch Witze über Elefanten:


Treffen sich ein Elefant und ein Kamel, sagt der Elefant zum Kamel: “Warum hast due deine Titten auf dem Rücken?” – Darauf das Kamel: “Wenn ich meinen Pimmel mitten im Gesicht hätte, würde ich die Klappe halten.”


Es gibt auch Elefantensprüche:


Wenn sich Elefanten aneinander reiben ist es um die Mücken geschehen!



Hier noch ein Spruch vom Schauspieler Dan Aykroyd:



Hört nur, ich glaube ich rieche was!


……………………


Noch ein paar Elefantenbilder aus dem Zoo von Rapperswil





Italien feierte Mitte März 2011 …

seinen 150-jährigen Geburtstag.


Es lebe Italien! Zum Geburtstag viel Glück!


Die Vorfahren meiner Mutter stammen aus Italien. Mein Grossvater ist 1896 in Arson geboren. Sein Geburtsort ist ein kleiner Weiler, unterhalb der Dolomiten. Arson gehört zum wunderschönen Städtchen Feltre (Provinz Belluno). Etwas ausserhalb von Feltre hat meine Nona, vor etwas mehr als 110 Jahren das Licht der Welt erblickt. Die Region wo meine Grosseltern aufwuchsen, gehörte im Verlauf von Italiens Entstehungsgeschichte, immer wieder anderen Ländern und Völker.


Erst regierten die Römer das Gebiet, später der Frankenkönig Karl der Grosse, nachher die römischen Kirche (Papst) und so weiter … Dann im Jahre 1404 wurde das ganze Gebiet von Norditalien der Republik Venedig zugeteilt. Etwas später gehörten sie den Oesterreicher. Zum Ende des 18. Jahrhunderts eroberte Napoleon Bonaparte Italien. Seine siegreichen Feldzüge hatten zur Folge, dass ganz Italien in verschiedene Republiken aufgeteilt wurde. Somit beherrschte die Dynastie Bonaparte Norditalien (unter anderem natürlich auch die Region Bellluno, wo später mein Nono und meine Nona aufwuchsen). Die südlichen Teile von Italien wurden dem Königreich Neapel übertragen.


Als die europäischen Mächte Napoleon besiegten, wurde Italien wiederum neu ein- und aufgeteilt. Der Wiener Kongress (1814/15) bestimmte die neuen Regionen (heutige Grenzen). Die Gegend von Belluno (und damit auch Arson und Feltre) gehörten von nun an den Habsburgern und damit Oesterreich / Ungarn an. Die Vorfahren von Nono und der Nona wurden zu Fürsten ernannt. Ihre Nachnamen bekamen ein „Da“ (ohne Bindestrich) davor gestellt. Die Grosseltern meiner Nona hiessen von da an “Da Punt”. Die Grosseltern von Nono bekamen ebenfalls ein Da vor ihren Nachnamen! Doch schon bald verloren beide Familien diese Würde (und auch ein Teil ihres Landes), weil sie keine treuen Anhänger der Habsburger sein wollten …


Denn, auf Grund der neuen Ein- und Zuteilung der Ländereien, forderten die Obrigkeiten und Anhänger der Habsburger und der Bourbonen für ganz Italien die Monarchie. Hingegen das Volk (und damit auch meine Vorfahren) wünschten sich für ganz Italien eine vereinte republikanisch demokratische Regierung. Es kam zu Machtkämpfen. Junge Männer (meist aus ländlichen Gegenden) schlossen sich 1826 zum verbotenen Geheimbund der Freimaurern zusammen – mit dem Ziel – die Herrschaftsansprüche der Habsburger und der Bourbonen zu bekämpfen und zu vereiteln. Zu diesen Geheimbündlern gehörten auch meine grosselterlichen Vorfahren … Darüber ist mein Nono sehr stolz. Die hätten noch Mumm und richtige Mäuse und Pfäuste gehabt. Sie haben sich nicht einfach “geduckt und geschluckt”. Diese Geheimbündler, unter anderem „sein Mazzini“ wären die wahren Gründer vom heutigen Staat Italien – und Nono beginnt zu erzählen:


„Giuseppe Mazzini ist 1805 in Genua geboren.
Bereits 1827 ist er in die Loge der Freimaurer (Garbonieria von Genua) aufgenommen wurde. Seine patriotische Einstellung und seine politischen Schriften plädierten für ein nationales republikanisches Regierungskonzept. Mazzini wurde deshalb von einigen Freimaurer-Kollegen, die anderer Meinung waren, denunziert. Nach seiner dreimonatigen Haft (1830), reiste er in die Schweiz (Genf). Von da aus versuchte er die Obrigkeiten von Genua und Savoyen zu stürzen. Ein sardisches Gericht verurteilte ihn (in seiner Abwesenheit) zum Tode. Er flüchtete von Genf nach Marseille und gründete dort die Bewegung (Junges Italien). Später kehrte er in die Schweiz (Grenchen) zurück. Giuseppe Garibaldi und die Brüder Ruffini schlossen sich 1934 Mazzini an. Sie gründeten gemeinsam mit den Verbänden „Junges Italien“, „Junges Deutschland“ und „Junges Polen“, den Geheimbund „Junges Europa“. Ihr oberstes Leitsatz war:


- Freiheit, Gleichheit, Humanität -


Das jurassischen Städtchen Grenchen / SO würdigte die Ideen dieser jungen italienischen Zuwanderer. Sie bürgerten Mazzini und die beiden Brüder Ruffini in ihrem Dorf ein. Dies auch, damit die „Widerständler“ weiter für ein freies Italien kämpfen konnten. Trotz Einbürgerung mussten Mazzini und die Brüder Ruffini 1837, unter Druck von Aussen, die Schweiz verlassen. Die Drei reisten nach London. Von dort aus organisierte Mazzini weitere Aktionen gegen die Fremdherrschaften in Italien (die Brüder Ruffini haben sich aber aus anderen Gründen von Mazzini distanziert). Hier in England lernte Mazzini Karl Marx kennen. Anfänglich bewunderte Mazzini diesen, um schon bald zu erkennen, dass die Ansichten von Karl Marx zu revolutionär waren und sozial zu weit gingen. Er begann ihn deshalb in öffentlichen Briefen zu kritisieren …


1848/49 während der Märzrevolution (betroffen waren u.a. der Deutsche Bund, Oesterreich und Oberitalien), versuchte Mazzini die Provinz Mailand dazu zu überreden, dass sie doch ihr Land in eine republikanisch demokratische Regierung umwandeln sollen. Sein Vorschlag wurde abgewiesen. Enttäuscht reiste Mazzini nach Rom und gründete dort gemeinsam mit Saffi und Armellini die „Römische Republik“ (Papst Pius IX floh schon vorher nach Neapel). Das französische Militär griff ein, und die neu gegründete „Römische Republik wurde aberkannt und verboten. Mazzini floh deshalb wiederum nach London, wo er mit Gleichgesinnten für die Befreiung von anderen europäischen Staaten kämpfte, um diesen zu einer einheitlichen europäischen Republik zu verhelfen. Erst 1860 gelang es Mazzini und Garibaldi, die Provinzen Venedig und Sizilien von seinen Obrigkeiten zu befreien und dort die Demokratie einzuführen. Dazu gehörte auch die ganze Gebiet von Belluno, wo meine Familien und die eurer Nona wohnten. Wir waren also die Ersten echten demokratischen Italiener!


Bravo, che brava Italia!


Am 17. März 1861 kam es schliesslich für ganz Italien, auf demokratischem Weg zu einer Einigung. Die alten Herrschaftsregierungen wurden abgesetzt. König Viktor Emanuel von Savoyen durfte nur mit eingeschränkten Kompetenzen als Monarch regieren. Die eigentliche Führung Italiens und die Abfassung der ersten italienischen Verfassung wurde dem Staatsmann Camillo Benso von Cavour übertragen. Der frisch gewählte Ministerpräsident starb bald nach seiner Amtsübernahme. Bettino Ricasoli wurde sein Nachfolger … Mazzini kehrte triumphal in das neue Italien zurück und starb leider1872 in Pisa, an einer Infektionskrankheit!” – und  Nono fügt an: “Ei, Bambini, ich kann nicht begreifen, warum ein so grosser Mann und Patriot an einer so blöden Infektion sterben musste! Er der zündende Funken für Italien, für ein freies Land! Viva Italia!“ Dann singt uns Nono noch die erste Strophe der italienische Hymne vor:


Fratelli d’Italia,


L’Italia s’è desta,


Dell’elmo di Scipio


S’è cinta la testa.


Dov’è la Vittoria?


Le porga la chioma,


Che schiava di Roma


Iddio la creò.


Stringiàmci a coòrte,


Siam pronti alla morte.


Siam pronti alla morte,


L’Italia chiamò.


Stringiàmci a coòrte,


Siam pronti alla morte.


Siam pronti alla morte,


L’Italia chiamò!


Sì!


übersetzt: Lasst uns die Reihen schließen. Wir sind bereit zum Tod, wir sind bereit zum Tod! Italien hat gerufen! Lasst uns die Reihen schließen! Wir sind bereit zum Tod, wir sind bereit zum Tod! Italien hat gerufen! Ja! Brüder Italiens, Italien hat sich erhoben, und hat mit dem Helm des Scipio sich das Haupt geschmückt. Wo ist Viktoria? Sie möge Italien ihr Haupt zuneigen, denn als eine Sklavin Roms. Hat Gott sie erschaffen!


Es lebe Italien! Zum Geburtstag viel Glück!



Bild von Mazzini aus: www.museums-gesellschaft.ch/ggeschichten/gg_ruffini.html


Infos und Daten von: Wikipedia Italien allgemein und Geschichte,


Wikipedia Mazzini und Wikipedia Garibaldi



Es gibt sie noch …

die aufmerksamen, fürsorglich herzlichen und achtsamen Pferdebesitzer!



Vor vielen Jahren, in meiner Jugendzeit entdeckte ich die Erzählung von Leo Tolstoi mit dem Namen “Der Leinwandmesser”. Der Lebensverlauf und das Schicksal dieses Hengstes berührte mich damals sehr und heute erst recht.


Nun, vor ein paar Jahren besuchte uns ein Kollege. Dieser erzählte uns eindrücklich von Pferderennen, hier in der Schweiz und auch im Ausland. Meinem Mann imponierten seine Erzählungen und so kam es, dass mein Mann mit ihm, hin und wieder ebenfalls Pferderennen besuchte. Meinem Angetrauten gefiel die Rennarena immer mehr. Ich erschrak darüber sehr. Denn ich erinnerte mich natürlich an den herum geschufpten Hengst “Leinwandmesser”…



Zum Glück kam es dann so, dass mein Mann ein paar “Angefressene” von einem Club kennen lernte. Was wir darüber hörten, imponierte uns ungemein. So besuchten wir gemeinsam die Clubanlässe und natürlich die Pferderennen. Schon am ersten Renntag wurden wir eingeladen, die Stallungen und die Tiere zu besichtigen. Später folgten weitere Besuche in anderen Stallungen, die die gleiche Philosophie vertraten, wie der Club, dem mein Mann beigetreten war. Ich musste erkennen, dass es nicht nur egoistische und rein materiell denkende Pferdebesitzer gibt …



Deshalb widme ich die unten stehende Nacherzählung “Der Leinwandmesser”
meinem geliebten Mann und seinen lieben Kollegen- und Kolleginnen, welche wissen, dass Pferde aussergewöhnlich intelligente und unschätzbar gutgesinnte Tiere sind.


Das ganze Team (Besitzer, Trainer, Stallpersonal, Reiter und Clubmitglieder) betreuen, begleiten und fördern stets achtsam ihre allerliebsten Pferde. Sie werden nicht einfach ausmustert, wenn sie aus irgendwelchen Gründen als Rennpferd nicht mehr auf die Bahn dürfen oder können. 


Umsichtig wird vom ganzen Team entschieden, wie es mit ihrem Tier weiter geht. Es kommt auch vor, dass sich ein Clubpferd von einem Unfall oder Krankheit längerfristig erholen muss. Dann wird dafür eine geeignete Stallung gesucht. Oder, das Team entscheidet sich dazu, dass ihr treues “Rössli” nun in den Ruhestand versetzt wird. In den meisten Fällen findet man dafür einen ganz kleinen oder auch grösseren Reiterhof. Es kommt auch vor, dass eines unserer Pferde zur Zucht freigegeben wird. Mit all diesen Pferden bleibt der eine oder andere vom Kollegenteam in Kontakt; egal ob es hier in der Nähe oder etwas weiter weg, oder sogar im Ausland lebt. Allerdings können die Clubmitglieder mit dieser sehr umsichtigen und aufwändigen Philosophie nicht reich werden. Doch die Freude und die Leidenschaft ist deshalb um so grösser. Ihr Einsatz und ihre Moral zahlt sich meistens aus, zwar nicht in Moneten! Um so mehr schätzen die Clubmitglieder und ihre Angehörigen den starken Zusammenhalt im Team, den regen Austausch untereinander und natürlich das intensive Begleiten der Pferde.



Fazit: Mensch und Tier tragen enorm viel bei, dass das gemeinsame Füreinander und Voneinander eine grosse Bereicherung ist und uns allen viel Schönes und halt manchmal auch Trauriges beschert. Doch auch solche Ereignisse werden gemeinsam getragen und ausgestanden. Immer mit dem Wissen, dass wir gemeinsam etwas bewirken können, damit daraus wieder etwas sinnvolles und wunderbares entsteht.




Der Leinwandmesser …

war ein Pferd, über dieses der grosse Schriftsteller Leo Tolstoi eine sehr berührende Erzählung geschrieben hatte.

Diese Geschichte spielte sich ungefähr vor ungefähr 160 Jahren in Russland ab.

Dort auf einem herrschaftlichen Gestüt beherbergte ein reicher Gutsbesitzer über hundert Pferde. Diese wurden vom kundigen Pferdeknecht Nester, sowie vom jüngeren und etwas gleichgültigen Waska betreut.

Der Pferdeknecht Nester wählte als sein Reit- und Arbeitspferd einen schon sehr ins Alter gekommenen Wallach. Nester nannte dieses Arbeitstier liebevoll „Dreckbatzen“, weil dieses nicht nur unschön grau, sondern auch scheckig, verfilzt und sehr mager aussah. Für den etwas arbeitsfaulen Waska war dieser Schecke ein Dorn im Auge. Er wollte nicht verstehen, warum er ausgerechnet eine solch erbärmliche Kreatur besser betreuen sollte als alle anderen Arbeitstiere. Waska trieb sich während seiner Freizeit sehr aktiv in den Gasthöfen herum. Nester musste ihn deswegen öfters ausschimpfen und ermahnen.

So kam es dann halt, dass Waska den Schecken, während unbeobachteten Augenblicken plagte oder sich an ihm rächte … Der Wallach seinerseits liess sich nichts anmerken. Ihm machten mehr die Hänseleien der anderen Arbeitstiere und der Zuchtpferde zu schaffen. Besonders die Stuten plagten und verhöhnten ihn wegen seiner Hässlichkeit. Dabei schlugen sie ihm ihre Hufe in die Flanken. Sie lachten dann schrill wiehernd über seine unbekannte Abstammung. Denn im Gegensatz zu ihm verfügten alle Pferde über einen guten Stammbaum.

Wieder einmal, nach einem strengen Arbeitstag, ritt der Wallach mit seinem Meister zum heimatlichen Hof zurück. Der Gutsherr rief Nester zu, dass er sich beeilen solle. Damit er dem Gast noch vor dem Eindunkeln  die Stallungen zu zeigen konnte. Nester beauftragte deshalb Waska seinen „Dreckbatzen“ abzusatteln und trocken zu reiben. Dieser dachte nicht im Traum daran, diesen „krätzigen Gaul“ anzurühren, geschweige denn zu pflegen. Der Schecke blickte deshalb hilfesuchend zu Nester.

Dabei erkannte “Dreckbatzen” den Besucher, der sich mit Nester in die Stallungen entfernte: „Das ist ja mein geliebter Fürst, bei dem ich es vor langer Zeit so schön und lustig hatte!“ Der Schecke wieherte aufgeregt los, damit sein ehemaliger Herr ihn entdecken sollte. Niemand ausser die Pferde beachteten sein Rufen. So stand der reiterlose „Dreckbatzen“ ganz traurig, immer noch gesattelt und mit hängendem Kopf da. Die anderen Pferde scharten sich foppend um ihn. Sie traten ihn mit ihren Hufen. Der Wallach nahm resigniert die Schläge hin, ohne zu reagieren. Eine alte Stute, namens Wiasopuricha, die den Besucher auch erkannt hatte, erbarmte sich seiner, und mahnte die Herde zur Ruhe. „Er ist gar kein Papierloser!“, wieherte sie in die Menge. Da sie eine allseits geachtete Anführerstute war, gehorchten ihr die Pferde sofort. Sie versammelten sich um die Stute und den alten Schecker. Dieser fühlte sich wieder besser, und er begann zu erzählen:

Mein richtiger Name ist Mushik I. Ich war der Sohn von Liubesnyj I und Baba. Ich wurde auf dem gleichen Hof geboren wie unsere Führerin Wiasopuricha. Meine Mutter betrachtete nach meiner Ankunft schnaubend mein scheckiges Fell, und stiess mich lieblos zur Seite. Auch die Pfleger verlachten mich anfangs. Einzig die Pferdeschar freuten sich über meine Geburt. Sie schleckten mich ab und schon bald akzeptierte mich auch meine Mutter. Eines Tages kam der Stallmeister und führte meine Mutter fort. Ihr Gewieher klang so traurig in meinen Ohren und ich rief ihr ebenso wehklagend zurück. Nach einiger Zeit kam sie zurück und alles schien in Ordnung.

Doch meine Mutter war nicht mehr die gleiche. Sie wies mich öfters ab. Schliesslich wurden wir voneinander getrennt. Meine Mutter hatte ein wunderschönes Fohlen geboren und logierte mit ihm auf der Fohlenweide. Dafür durfte ich mit Wiasopuricha zu den anderen Pferden auf die grosse Koppel. Wiasopuricha und ich hatten viel Spass miteinander. Sie liess mich sogar auf ihrem Rücken reiten. Eines Tages bemerkte dies unser Besitzer. Der schalt den Stallmeister deswegen ganz schrecklich. Die Knechte bekamen sogar Schläge, als bemerkt wurde, dass meine Geliebte von mir ein Fohlen trug. Mich nahm man aus der Gruppe, und noch am gleichen Tag wurde ich kastriert. Ich begriff sofort, dass nun mein Leben einen anderen Lauf nahm, als ursprünglich vorgesehen.

Die Pferdeknechte behandelten mich von da an sehr unflätig. Sie hielten mir immer wieder vor, dass sie wegen mir (dem räudigen As) ausgepeitscht wurden. Auch der Graf wollte nicht mehr, dass ich ein Pferd seines Gestüts sei. Er degradierte mich und verschenkte mich dem Stallmeister als Arbeitspferd. Doch dieser hatte keine Zeit um mich zu pflegen. Er überliess dies den Stallknechten. Ich fühlte mich sehr unglücklich. Ich durfte nicht mehr der Hengst namens Mushik I sein, sondern ich war von da an nur noch ein scheckiger Wallach.

Glücklicherweise zeigte ich mich sehr gelehrig, bei der Arbeit. Ich lief problemlos am Strick und zog mühelos die Wagen mit den schweren Lasten. Dies imponierte den Stallknechten und etwas später auch dem Stallmeister. So übte man mit mir das Traben ein. Da bestaunten alle ganz verwundert meine tolle Gangart. Ich trabte so langbeinig wie wenn ich Land oder Stofflängen abmessen würde. Deshalb bekam ich vom Stallmeister den Namen „Leinwandmesser“. Einmal stiessen mich die Stallknechte unvermittelt und voller Uebermut in die Trainingsbahn der warmblütigen Rennpferde. Hei das war lustig. Ich rannte los und galoppierte wie die Pferde vor mir. Dabei überholte ich schon beim ersten Mal das beste Rennpferd vom Grafen. Die Knechte berichteten dies meinem Stallmeister. Dieser wollte dies auch sehen. So gab auch er mir einen kräftigen Stoss, damit ich nochmals dem besten Rennpferd hinterher laufe. Der Meister stellte mit Schrecken fest, dass ich sogar viel stärker galoppieren konnte als angenommen… Der Stallmeister und seine Knechte waren ratlos, denn der Graf durfte auf keinen Fall wissen, dass er dem Stallmeister ein so talentiertes Pferd geschenkt hatte. Voller Angst, dass dies rauskommen könnte, verkaufte der Stallmeister mich für achthundert Rubel einem Pferdehändler. Ein Husarenoffizier konnte mich, dank meiner Schecken, für wenig Geld erstehen. Dieser verkaufte mich dann für gutes Geld an den Fürsten, namens Nikita Serpuchowskoj.

Beim diesem Fürsten  verbrachte ich die schönste Zeit meines Lebens. Deshalb habe ich so stark gewiehert um dem Fürsten zu zeigen, dass ich hier sei… Dieser besass ein riesiges Gestüt für die Zucht von Traber. Ich bekam auf diesem Hof, als persönliches Eigentum vom Fürsten die Aufgabe seine Kutschen und Schlitten zu ziehen. Obwohl ich dem Fürst sein Eigentum war, wollte er mich nicht selber pflegen. Er beauftragte deshalb den Kutscher Feofan mich zu betreuen. Schon bald durfte ich den Fürsten rumkutschieren. Der Kutscher Feofan hockte sich jeweils auf den Bock und gab mir die Befehle, wie und wohin ich zu reiten hatte. Im Winter durfte ich die beiden in einem Schlitten durch Moskau ziehen. Feofan schaute darauf, dass ich immer ein schönes glänzendes Fell hatte. Er fütterte und tränkte mich reichlich. Ein Stallknecht musste mir dann vor einem Ausritt die Hufe einschmieren, sowie Mähne und Schopf sorgfältig kämmen!

Manchmal zog ich, gemeinsam mit einem sehr starken und schnellen Hengstrappen, die wertvolleren und schweren Gespanne des Fürsten. Diese Ausritte waren besonders spassig und lustig. Feofan der Kutscher trieb uns dann jeweils (auf Geheiss des Fürsten) zum schnelleren Trab an. Die beiden jauchzten und wir zwei wieherten fröhlich, wenn wir zum Beispiel durch die Strassen von Moskau rasten, und die Leute deswegen vor Schreck auf die Seite sprangen. Oft hielten wir vor fremden Portalen. Das war für mich besonders interessant; denn da warteten noch andere Kutschengespanne. Wir wurden am meisten bewundert, weil unsere Kutschen und Schlitten besonders vornehm und gediegen aussahen. Natürlich glänzte auch ich ganz toll mit den anderen Pferden um die Wette. Die Leute würdigten meine stattliche Postur und meine langen Beine. Es lachte niemand wegen meinem Schecken-Fell. Im Gegenteil alle begutachten es als sehr apart und besonders schön. Wenn meine Herrschaften wieder ins Gespann einsteigen wollten, rief Feofan: „Vorfahren bitte!“ (und nicht wie heutzutage mit einem rauen „Vorwärts!“). Am meisten liebte ich es, andere Gespanne zu überholen und dem Jauchzen meines Kutschers zuzuhören.

Eines Tages, es war Winter, zog ich meinen Herrn und meinen Feofan im Schlitten zum Portal einer Schnee – Rennbahn. Der Fürst befahl dem Kutscher mich mich mit dem Schlitten auf die Rennbahn zu lenken. Da trabte ich mit dem wunderschönen und so leisen Gefährt das erste Rennen. Dieses gewann ich unter Johlen und Jauchzen der Zuschauer mühelos. Auch in den nachfolgenden Rennen wurde ich meistens als Sieger gefeiert. Der Fürst bekam deshalb viel Geld und Auszeichnungen. Es wurden ihm auch viele Scheine geboten um mich zu kaufen. Doch der Fürst meinte, einen guten Freund verkauft man nicht einfach so …

Einmal nach einem siegreichen Renntag wollte der Fürst vom Kutscher und mir noch zu seiner Geliebten gefahren werden. Diese war leider schon weggefahren. So musste ich ohne Ruhepause ihrem Schlitten folgen. Ihr Vorsprung war enorm. Auf Geheiss vom Fürsten musste Feofan mich antreiben, damit ich schneller trabte. Diese Geschwindigkeit genügte dem Fürsten nicht und er befahl Feofan, mich galoppieren zu lassen. Meine Hufen schlugen dabei bei jedem Galopp am eisigen Vorderteil vom Schlitten an. Wir erreichten zwar auf diese Weise die Dame noch rechtzeitig. Doch diese gab dem Fürsten den Laufpass. Der Fürst wurde darüber dermassen wütend, dass er dem Kutscher befahl, ihn in seinem Gespann schnurstracks nach Hause zu bringen. Es war ihm egal, ob ich ausgeruht war oder nicht. Zu Hause liessen sie mich am Schlitten angespannt einfach stehen. Ich zitterte am ganzen Körper und konnte vor Herzrasen nichts fressen. Zudem schmerzten meine verwundeten Beine und Hufen sehr. Niemandem kam es in den Sinn diese zu verarzten und zu pflegen. Erst am nächsten Tag bekam ich etwas zu trinken. Danach stellte man mich einfach in den Stall und ich wurde sehr krank und magerte ab. Die schweren Plessuren und Vernarbungen an den Beinen machten mir zu schaffen. Nach ein paar Tagen fielen mir die vereiterten Hufe ab. Meinen lustiger Kutscher bekam ich kaum noch zu sehen – und – wenn er einmal da war, behandelte er mich sehr grob. Er selber verkam gänzlich. Denn, er hatte sich angewöhnt, den Fürsten über den Verlust seiner Geliebt zu trösten. Dabei tranken sie beide gemeinsam um die Wette.

Dem Fürsten und Feofan bedeutete ich nichts mehr. Ich wurde von ihnen nie mehr an ein Rennen geführt. Man nannte mich nicht mehr „Leinwandmesser“. Ich war für den Besitzer und meinen Betreuer nur noch eine Ware, die man rasch möglichst verkaufen musste. So kam ich namenlos und ganz verlaust wiederum zu einem Pferdehändler. Dieser peinigte mich sehr – und peitschte mich aus, damit ich vor den Augen eines möglichen Käufers einen verschüchterten Eindruck hinterliess. Der Pferdehändler verkaufte mich schliesslich an eine alte Dame. Da konnte ich mich etwas erholen und wurde von ihren Angestellten einigermassen aufgepäppelt.

Diese Dame hatte grosse Freude daran, ihr Personal auszupeitschen und zu nötigen. Auch mein Kutscher bekam seine Prügel ab, so dass er sich jeden Abend bei mir ausweinte. Als die Dame starb, verkaufte mich der Verwalter an einen Hausierer. Bei dem musste ich auf dem Feld arbeiten und bekam nur Weizen zu fressen. Davon wurde ich wiederum sehr krank. Beim Pflügen verwundete ich öfters meine Beine. Zu den alten Narben erhielt ich viele neue. Ich sah wiederum sehr erbärmlich aus. Ein Zigeuner erwarb mich dann im Tauschgeschäft und verkaufte mich schliesslich unserem Gutsverwalter.

So stehe ich nun da mit euch auf der Weide und fühle mich entsetzlich und grässlich gedemütigt, weil mich vorhin Fürst Nikita Serpuchowskoj, der doch mein bester Herr gewesen war (bis ihm seine Geliebte fortgelaufen war), nicht erkannt hatte. Ich selber sichtete den Fürsten sofort, auch wenn er heute so dick und aufgedunsen aussieht und keine edle Uniform mehr trägt. Glücklicherweise habe ich mich daran gewöhnt, nichts besonderes mehr zu sein. Auch hatte ich gelernt, Gefühle und Erwartungen zu unterdrücken. Eigentlich was sollte ich mich grämen, ich müsste ja wirklich zufrieden sein, dass Nester mich so gut behandelte und mich als sein Arbeitstier auserkoren hatte …“

In diesem Augenblick tauchte der Stallknecht Waska auf. Er näherte sich der versammelten Pferdeherde und führte den erzählenden „Dreckbatzen“, alias Leinwandmesser, mit derben Worten weg. Waska legte dem Schecken eine alte Decke über den Rücken – nicht nur weil es regnete … Dann schwang er sich auf das für ihn so verhasste Pferd und jagte es über das Feld zur nächsten Gaststätte. Da liess er Leinwandmesser einfach im Regen stehen. Wie gewohnt wartete der Schecke geduldig auf die Rückkehr seines Reiters. Auf einmal spürte Leinwandmesser ein leises Jucken auf seinem Rücken. Dieses anfangs noch angenehme Gefühl wurde immer stärker, so dass er schon bald unangenehm tänzelnd von einem Bein aufs andere treten musste …

Unterdessen sitzen im Gutshaus der Hausherr und die Hausdame mit ihrem Gast immer noch im Salon. Nikita führte sich gegenüber der Frau, welche ein Kind erwartete, übertrieben liebenswürdig auf und erlaubte sich zweideutig mit ihr zu sprechen. Dies eigentlich nur, um ihr zu zeigen, dass er wusste, dass sie nur die Geliebte vom Hausherr wäre. Der Hausherr spürte, dass sich die Unterhaltung für seine Geliebte und Frau sehr unangenehm wurde. Deshalb führte er diese sehr liebevoll und aufmerksam in ihr Schlafgemach, damit sie sich die dummen Sprüche nicht mehr anhören musste. Unterdessen, im Stillen, gestand sich Nikitia ein, dass die beiden ein sehr schönes und ein gut aufeinander abgestimmtes Paar abgaben. Er spürte, dass sie einander sogar achteten und liebten. Das stimmte ihn etwas ärgerlich und eifersüchtig. Als der Hausherr wieder zurückkam und sich zu seinem Gast setzte, begann Nikita voller Neid von seinen glorreichen Zeiten zu erzählen. Er übertrieb dabei sehr und trank dabei auch unanständig über den Durst. Plötzlich hielt Nikita inne und erzählte dem Gastgeber etwas weinerlich von seinem einstigen glorreichen Traber „Leinwandmesser“. Dieser wäre nicht nur sein bester Traber gewesen, sondern, der wäre der beste aller Zeiten gewesen. Der Hausherr bejahte dies anerkennend. Er hätte auch viel Ruhmreiches von „Leinwandmesser“ gehört – und komischerweise sei dieser einfach von der Bildfläche sang- und klanglos verschwunden! Dies bedaure er besonders, da er dieses Pferd auch gerne besessen hätte …

Währenddessen ritt Waska mit dem „Dreckbatzen“, der eigentlich Landmesser hiess, vom Gasthof wieder nach Hause zurück. Er sattelte ihn ab und stellte dabei voller Freude fest, dass das Lieblingspferd von Nester die Räude hatte. Waska unterrichtete am hellen morgen Nester darüber. Schweren Herzens musste der einsehen, dass sein geliebter Schecke, nebst seinen anderen Leiden, nun auch noch an dieser höchst ansteckenden Krankheit erkrankt war. Da der Gutsherr keine derart kranken Tiere auf seinem Hof duldete, blieb Nester nichts anderes übrig, als das Pferd von Waska zum Abstecher zu bringen zu lassen. Der kranke Schecke nähert sich vertrauensvoll dem Metzger. Als ihm das Blut aus dem Hals rann, fühlte sich der einst so berühmte Traber „Leinwandmesser“ sehr wohl und es wurde ihm immer leichter. Benommen liess er sich ins kühle Gras fallen. Die ganze Schwere seines Daseins war auf einmal weg. Er durfte sich endlich ausruhen und für immer einschlafen. Beim Abhäuten meinte Waska dann zum toten Tier: „Du warst eigentlich doch ein gutes Pferd! Hätte man dich nur etwas besser gehalten und ernährt, könnte ich an deinem Fell noch etwas dazu verdienen, so ist diese Haut nur noch für unsere Hunde gut genug!“ Ein armer Bauer fand etwas später die Gebeine des Pferde und verkaufte es für gutes Geld an einen Leimmacher.

Uebrigen ist Nikita an diesem Morgen, als der berühmteste Traber, names Leinwandmesser sterben durfte, guter Dinge vom Hof seines Gastgebers abgereist, ohne eines der angebotenen Pferde zu kaufen. Ihm hätte das eine oder andere Pferdchen insgeheim schon gefallen … Wieder einmal mehr musste er sich damit zufrieden geben, „so zu tun als ob“! Insgeheim wussten alle, dass Nikita bankrott war (eine seiner späteren Geliebten hatte ihm ganz raffiniert sein sehr grosses Vermögen verschleudert…) Die so genannte bessere Gesellschaft luden den herunterkommenden Nikita, dank seinem Titel „Fürst“ hin und wieder zu sich ein, damit sie als Gastgeber an der Prahlerei von Nikita etwas Vergnügen hatten. Gerne verabschiedeten sie ihn dann wieder, sehr scheinheilig und hinter seinem Rücken lachend. Als Nikita starb, hatten ihm ein paar Leute ehrenvolles fürstliches Begräbnis ausgerichtet. Sie zwängten sogar den dicken und aufgeschwemmten Verstorbenen in seine alte fürstliche Uniform, damit er unter der Erde noch weiter etwas von seinem alten Glanz verbreiten durfte.

Der im Himmel angekommene Leinwandmesser erzählt nun Allen, die von ihm wissen wollen, wie es den Tieren auf der Erde unten so ergeht, folgendes:

„Das ist eine ganz komplizierte Sache. Die Menschen lassen sich nicht von Taten, sondern nur von Worten leiten. Derjenige Mensch, welcher, zum Beispiel sehr viele Güter und Tiere besitzt, meint er sei der glücklichste Mensch. Er beklagt sich aber über andere die mehr haben, als er selber … So ein begüteter Mensch sagt, das ist „mein“ Pferd. Er reitet aber nicht auf ihm; sondern er lässt ganz andere Menschen auf ihm reiten. Dieser füttert auch„sein“ Pferd nicht selber. Er beauftrag dafür andere Leute. Der Betreuer darf aber nicht sagen, das ist „mein“ Pferd …“

Tolstoi’s Philsopie bringt es auf den Punkt:

Einzig die einfache Arbeit gibt den Menschen Glück und Zufriedenheit. Denn Besitz verlockt den Menschen zur Sünde und die Anhäufung von Reichtümer entsittlicht ihn. Gut sein und ein gutes Leben führen, bedeutet anderen mehr geben, als man von ihnen nimmt, denn auf Tugenden gegründetes Glück wird durch nichts zerstört. Die Menschen leben nicht davon, dass sie für sich selbst sorgen, sie leben von der Liebe, die in den Menschen ist.

Mutti ergänzt: Lieber Leinwandmesser, es gibt tatsächlich Menschen auf der Erde, die Pferde (und alles andere was auf der Erde kräucht und fleugt) enorm ausbeuten und ausnützen. Doch es gibt sie auch die Leute auf unserer Erde, die mit viel Energie und Enthusiasmus,  mit euch Pferden einen achtsamen und verantwortungsvollen Umgang pflegen.

Fotos: Mutti / Gestüt nähe von Heidelberg / Pferdegespann in Paris


Wo du Bücher findest …

… da lass dich ruhig nieder!


Wie im unteren Artikel bereits erwähnt, stöbere ich sehr gerne und oft in Buchhandlungen nach Lektüren. Meistens erst etwas ziellos; je nach Inspiration, Gutdünken und Tageslaune. Jedes Mal entdecke ich Neues, Unbekanntes, oder wie heute etwas für mich sehr Unglaubliches!

Aus einer Reihe, fest eingepferchter Bücher zupfe ich mit etwas Mühe, zwei ganz dünne Märchenbüchlein raus. Fasziniert betrachte ich, beim einen Buch, die wunderschön gestaltete Frontseite. Der Titel “Die drei Bären” kommt mir irgendwie bekannt vor. Nichts weiter denkend blättere ich im zweiten Exemplar mit dem Titel “Wie der Bauer die Gänse teilte”. Auch diese Bilder kenne ich doch von irgendwoher. Der Text gibt mir Gewissheit! Natürlich, bei meiner allerersten Freundin Tamaarutschka,  habe ich diese zwei Bildgeschichten (mit vielen anderen) schon gesehen …

Tamaarutschka ist das jüngste Kind einer russischen Familie aus Lettland. Sie und ihre grosse Familie haben sich vor vielen Jahren hier in der Schweiz, just neben unserem Dreifamilienhaus* nieder gelassen. Tamaaruschka und ich haben miteinander laufen, sprechen und natürlich, dank Mamutschka sogar die Welt der russischen Kinderbücher kennen gelernt. Tamaarutschkas Mutter ist meistens nachmittags mit ihrer kränklichen Mutter im Wohnzimmer gesessen; Mamutschka in einem Schaukelstuhl, stets etwas melancholisch vor sich hin seufzend. Sie streichelt immer wieder ihre Mutter, die Babuschka, welche auf dem Sofa ihr Mittagsschläfchen hält. Wenn Tamaarutschka und ich etwas zu laut miteinander spielen, flüstert Mamutschka: “Och, och meine Täubchen! Bleibt leise, stört Babuschka nicht! Hörst du mein Schatz, mein liebstes Kind, Ribjunka?!” Dann nach ein paar Seufzer schenkt sie für sich einen Tee ein, verdünnt mit heissem Wasser vom Samowar; und für uns Kinder gibt es einen warmen Sirup. Wenn wir ins Glas geblubbert oder sonst irgendwelchen Unsinn gemacht haben, wacht Babuschka auf und schüttelt vehement ihren silberweissen Lockenkopf. Mit hochklingender Stimme (hörte sich an, wie hundert Kanarienvögel beim Wettsingen) spricht sie auf uns Kinder ein. Mamuschka und meine Freundin antworten mit “Banjats, Banjats, Babuschka, dda, dda!” Babuschka lehnt sich mit einem verärgerten Blick (der ganz alleine mir gegolten hat) zurück. Mamutschka reicht ihr einen Tee und hüllt sie fester in ihre Decke ein und summt dabei eine beruhigende Melodie.  Zu uns macht sie: “Psst, psst Sitschje!” Dann holt Mamutschka ein Bilderbuch aus dem Schrank. Sie nimmt meine Freundin auf ihre Knie und ich darf mich neben sie setzen. Sie putzt uns zuerst die Hände gründlich mit einem feuchten Tuch und macht kurz mit jedem von uns noch ein: “Brlii Brlaa Brlutzschika” und streift dabei erst über ihren Mund, dann über unseren. Wir Kinder kichern und Mamutschka strahlt uns an. Endlich breitet sie das Bilderbuch vor uns auf dem Tisch aus und beginnt auf russisch vorzulesen und die Bilder zu erklären. Tamaarutschka übersetzt mir den Text ins Schweizerdeutsch und zeigt dabei auf die so lieblichen und einfachen Bilder. Die Mamutschka kontrolliert die Uebersetzung. Sie fragt uns immer wieder halb auf russisch, halb auf hochdeutsch: “Habt ihr das verstanden ihr Vögelchen? Du mein Täubchen, mein Mädchen, moi sevutschka?” Ja, wir haben diese wunderschöne Geschichte sehr gut begriffen: ich natürlich nur dank meiner allerliebsten Tamaarutschka!

So stehe ich also ganz versonnen in der grossen Buchhandlung mit “meinen zwei Märchenalben”. Zum Erstaunen bemerke ich, dass ursprünglich Leo N. Tolstoi diese zwei Geschichten geschrieben hat. In meinen Händen halte ich natürlich die deutsche Fassungen davon. Nachgefragt bei der Buchhändlerin erfahre ich, dass Tolstoi, so ab 1857 viele Kindergeschichten geschrieben habe. Dies besonders, weil er sich über die damalige Art von Schulunterricht entsetzt hat. Er hat dann viele Geschichten speziell für den Schulunterricht geschrieben und von seiner Frau x-Mal abschreiben und illustrieren lassen. Gleichzeitig habe er die damaligen Schulen neu reformiert. Seine Märchen und Geschichten seien so verfasst worden, dass die Kinder mit Freude und Spannung Lesen und Rechnen lernten. Ausserdem lernten die Schulkinder dabei auch noch einiges darüber, was ein Kind machen darf, oder besser unterlassen sollte. Ausserdem lernten sie spielerisch korrekteres Auftreten und mehr Gewissenhaftigkeit im Lernen und in ihrer Hygiene. Nebenbei lernten auch ihre Eltern und Lehrer ganz beiläufig, einen besseren Umgang untereinander und mit ihren Kindern; ebenso eine gerechtere und altersentsprechende Art im Begleiten und Erziehen von Kindern.

Die Geschichte “Die drei Bären” bringt den Schulkindern nebst dem Lesen auch die Zahl  ”Eins”, “Zwei” und “Drei” näher. Die Erzählung beginnt mit der kleinen Anna, die draussen, in der winterlichen Landschaft, mit zwei anderen Kindern spielt. Plötzlich hat Anna das Bedürfnis alleine in den verschneiten Wald zu laufen. Dort entdeckt sie ein Blockhaus. Die Türe ist geöffnet und Anna tritt in ein einfaches blitzsauberes Esszimmer. Niemand ist da. Ein Tisch ist für drei Personen gedeckt. Auf dem Feuer wird eine feine Suppe warmgehalten. Anna hat Hunger und  setzt sich an den Tisch, auf den kleinsten Stuhl. Sie isst aus allen drei Gefässen von der warmen Suppe. Anna turnt auf den drei Stühlen etwas rum. Der kleinste Stuhl geht kaputt – zwei bleiben ganz. Anna guckt verlegen um sich. Sie entdeckt das Schlafzimmer mit drei ungleich grossen Betten. Erst legt sie sich in die grössern zwei Betten, und macht darin Unordnung.  Schliesslich schläft sie im dritten und kleinsten Bettchen ein. Anna weiss nicht, dass in diesem Haus drei Bären wohnen, ein Bärenpaar mit ihrm Bärenjungen Mischa. Die drei sind noch ausser Haus, auf einem Spaziergang. Als diese nach Hause kommen, entdeckt Mischa, dass sein Stühlchen kaputt ist. Auch seine Eltern wundern sich, dass aus ihren Suppenschüsseln gegessen worden ist. Mischa geht ins Schlafzimmer, entdeckt die zerwühlten Betten und in seinem kleinen Bett die schlafende Anna. Er vergisst seinen Kummer wegen dem kaputten Stuhl, setzt sich auf den Boden und freut sich darauf, dass Anna aufwache und mit ihm spielen werde. Die Eltern wecken mit ihrem Geplauder Anna auf. Diese sieht zuerst nur Mischa auf dem Boden und freut sich über dieses süsse Bärenkind. Dann sichtet sie die Bäreneltern und erschrickt über deren Grösse. Sie springt voller Angst aus dem Fenster ins Freie. Die Eltern eilen gemeinsam mit Mischa der kleinen Anna nach. Diese entwischt den Dreien in den Wald. Mischa ist traurig darüber und will nach ihr suchen. Die Eltern trösten ihn: “Lieber Mischa, sei nicht traurig. Eines Tages wirst du sie ganz bestimmt wieder treffen, und dann werdet ihr Freunde sein!”

Mit der Erzählung “Die drei Bären”, möchte Tolstoi einerseits auf die Zahl “drei” hinweisen.  Andereseits klärt er die Kinder auf, dass man nicht einfach wegrennt und in fremde Häuser geht und dort erst noch Unordnung macht. Er vermittelt mit diesem Märchen, dass Nächstenliebe und Toleranz den Sinn für ein gutes Leben fördere, damit man, egal ob reich oder arm, gemeinsam in Frieden leben und arbeiten kann. Tolstoi zeigt auf, mit dem Schlusssatz der Bäreneltern, dass der starke Glaube an das Gute, die Kraft und Energie für ein befriedigendes Leben steigere; dass man immer wieder Freunde und Gleichgesinnte findet, wenn man das Leben des anderen respektiert, achtet und nicht überfordert. Dazu ein Kernsatz von Tolstoi:

Die Kraft des Gedankens ist unsichtbar wie der Same,


aus dem ein riesiger Baum erwächst.


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Abschliesend möchte ich euch noch gerne einen Einblick geben, in das Märchen: “Wie der Bauer die Gänse teilte”, ebenfalls von Leo Tolstoi. Mit dieser Geschichte lernen die Kinder die Zahl “sechs” kennen und wie sich diese aufteilen lässt:


Ein Bauer hat kein Korn mehr. Er geht zu seinem Gutsherr um welches zu kaufen. Als Geschenk bringt er diesem ein gebratenes Huhn mit. Der Gutsherr freut sich darüber. Leider weiss er nicht wie er die Gans stückgerecht auf seine Frau, auf seine zwei Töchter und seine zwei Söhnen aufteilen soll. Der Bauer besinnt sich nicht lange und schneidet mit seinem Messer der Gans den Kopf ab. Er überlässt diesen dem Gutsherrn, weil er das Oberhaupt sei. Für die Gutsherrin schneidet er das Hinterteil der Gans ab, weil diese ja immer zu Hause auf ihrem Hintern hocke. Für die zwei Söhne schneidet er je einen Fuss ab, weil sie ja eines Tages in die Fussstapfen ihres Vaters treten werden. Für die zwei Töchter schneidet er je einen Flügel ab, weil sie ja doch eines Tages “von zu Haus ausfliegen” werden. Für sich nimmt der Bauer der Rest der Gans. Der Gutsherr überlässt ihm lachend den saftigen Rumpf und meint dazu, so ein schlauer Bauer müsse doch eine rechte Belohnung erhalten! Er schenkt ihm dazu auch noch das gewünschte Korn.


Ein anderer reicher Bauer hört davon und schenkt seinerseits dem Gutsherrn fünf gebratene Gänse. Doch der schenkende Bauer weiss sich keinen Rat, wie man diese fünf Gänse gerecht auf die sechs Gutsleute aufteilen könnte. Der Gutsherr ruft also dem ersten Bauer und der macht folgendes: Er überreicht eine Gans dem Gutsherrn und seiner Frau und sagt: “So jetzt seid ihr zu Dritt!” Nun überreicht er den beiden Söhnen eine Gans und sagt: “Nun seid ihr auch zu Dritt!” Dann überreicht er den zwei Töchtern eine Gans: “So jetzt seid ihr ebenfalls zu Dritt!”. Der schlaue Bauer nimmt die zwei restlichen Gänse und sagt: “Nun sind wir ebenso zu Dritt, ich selbst und die zwei Gänse!” Der Gutsherr überlässt ihm die zwei Gänse. Lachend schenkt er dem Bauern obendrauf nochmals etwas vom Korn, da er der Meinung ist,  soviel Klugheit müsse doch belohnt werden. Tolstoi denkt sich dazu:


Materielles Glück erwirbt man sich immer nur auf Kosten anderer. Geistiges Glück immer durch Beglückung anderer.


So Punkt und Schluss für heute, sogar für morgen, vielleicht auch für übermorgen! Wir werden sehen. Gut Ding will Weile haben!


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Kinderbücher …

… sind wertvolle Wegbegleiter!

Entdecke ich irgendwo auf meinen Reisen eine Buchhandlung, dann muss ich etwas darin rumstöbern. Meistens zieht es mich in die Bücherecke für Kinder, besonders dann, wenn ich mich in einem fremdsprachigen Land aufhalte. Die Vielfalt der wunderschön gezeichneten Illustrationen und die einfachen, sehr aussagekräftigen Texte faszinieren mich immer wieder. Jedes Mal staune ich darüber, wie die gemalten oder gezeichneten Bilder, versehen mit ein paar Sätzen; oder sogar nur mit einzelnen Wörter, den Ablauf der Geschichte kurz, präzise und bedeutungsvoll wiedergeben.

Die Bücherecken für Kinder sind meisten auch wunderschön und gefällig gestaltet. Die neuesten und modernsten Ausgaben werden üppig drapiert (mit all seinen dazugehörenden Fanartikel), wunderbar anziehend in separaten Regalen oder auf Tischen präsentiert. Auch ich begebe mich meistens zuerst an solch reichhaltig geschmückten Tische. Man findet da modern gestaltete Kinderbücher, Spiele, Cartoons und vieles mehr (von 0 – 99-zig Jahre) mit lehrreichen Bildern und Texten. Jedes Mal staune ich über deren Vielfalt! Bald einmal zieht es mich von der prunkvoll gestalteten Auslage weg! Ich sehe mich im Laden um, (je nach Grösse) etwas mehr oder weniger lang. Meistens entdecke ich ein, zwei oder drei Bücher die ich dann spontan kaufe.

Gerade habe ich ein Kinderbuch entdeckt, welches mich rein vom Titel und Design her sehr gesehen, sehr anspricht. Ich setze mich etwas hin und schon bin ich in das Buch vertieft mit dem Titel: “Ein Pandabär im Garten” von Jon J. Muth! Beim grosszügigen Durchblättern verweile ich zuerst bei den wunderschön gemalten Bildern. Diese beflügeln mich, mich ebenso etwas intensiver mit den kurzen Texten zu befassen:

Kinder entdecken in ihrem Garten einen riesengrossen Pandabär. Zur Freude der Kinder lässt er sich im Garten nieder und wohnt da in einem Zelt. Die Kinder besuchen ihn dort und lauschen seinen Geschichten. Der Pandabär erzählt unter anderem, dass er einen Onkel habe, der nie etwa Böses über andere denkt. Einmal sei ein Fuchs bei ihm ins Haus eingebrochen. Erst sei dieser Onkel erschrocken, dann habe er sich gedacht: “Wenn der mich besucht! Dann soll er auch ein Geschenk von mir erhalten, ich schenke ihm doch meinen Morgenmantel, da ich ja sonst gar nichts Kostbares habe!” Die Kinder staunen darüber, denn sie hätten dem Eindringling sicher nichts gegeben. Der Pandabär erklärt, der Onkel schenke gerne etwas von sich, jedem Besucher egal wer es ist. Es müsse aber immer etwas Gutes sein. Anstelle vom Morgenrock, hätte er ihm auch etwas Schönes zeigen oder erklären: zum Beispiel den wunderbaren Sternenhimmel mit dem strahlenden Mond.

Diese Aussage erinnert mich an ein Zitat von A. Milne:

“Die Kunst des Schenkens liegt darin, einem Menschen etwas zu geben, dass er nicht kaufen kann!”

Der Pandabär erzählt den Kindern eine weitere Geschichte vom “Bauer im Glück”. Dieser habe das Leben einfach so genommen wie es zu ihm gestossen sei. Ob etwas Gutes oder etwas Schlechtes geschehen ist, da hat er nicht gross gejubelt oder lange gejammert. Er habe immer gesagt “Vielleicht…”, im Wissen, dass Alles seinen Grund und Wert habe und immer wieder eine andere Wendung nehme, entweder zum Besseren oder zum Schlechteren. Dazu würde das Zitat von Epiktet passen:

“Nicht die Dinge selbst, sondern nur unsere Vorstellungen über die Dinge, machen uns glücklich oder unglücklich.”

Der Pandabär erzählt auch von zwei Mönchen, die einer Frau geholfen haben, trotz überschwemmter Strasse trocken ins Haus zu kommen. Anstelle sich zu bedanken ist die “Gerettete” schimpfend und ohne Dank zu sagen in ihr Haus verschwunden. Ein paar Stunden später erinnert sich der eine Mönch an das lieblose Verhalten der Frau. Der andere Mönch sagt zu ihm: “Was du trägst dieses Ungemach als Last immer noch mit dir herum. Lass es hinter dir und du kannst mit leichterem Gepäck weiter wandern!”

Khalil Gibran zitiert dazu:

“Vergesslichkeit ist eine Form der Freiheit.”


Turbulenzen in Zürich

oder Anna und Dimitriy 2011

Ich stehe in der Parkgarage am Automaten, um die Parkgebühr zu bezahlen. Da stupft mich jemand. Verärgert drehe ich mich und eine strahlende Anna steht hinter mir! „He’ so geil, dass ich dich treffe!“ – „Du Anna?!“ Küsschen links eines rechts: “Hab keine Zeit muss rasch nach Hause!“

Indem ich zum Auto gehe, ruft mir Anna nach: „Bitte, warte doch Mutti. Kannst du mir sechzig Franken leihen für die Parkspesen!“ – „Was, so viel?!“ Sie hängt sich bei mir ein, strahlt mich an und beginnt mit: „Du weisst ja, wenn wacklig auf den Beinen, nur mit dem Taxi zu den Deinen!“ – „Das ist wirklich gescheiter! Warte ich bezahle dir die Gebühr mit meiner Karte! Kannst mir ja das Geld dann in unseren Briefkasten stecken! Doch, im Ernst, ich muss wirklich schnell nach Hause. „Warte doch, ich begleite dich noch zum Auto! He Mutti, gestern Abend komme vom Golfen nach Hause, da bimst mein Handy. Du Sorry, mein Mann teilt mir schon wieder mit, es könne heute Abend spät werden. Er müsse noch einen Auftrag an Land ziehen!“ – „So, soo, dein lieber Mann! Herrgott gewöhne dich mal dran, ohne Pickeln keine Moneten auf der Bank!“ – „Nein, das ist mir jetzt wirklich wurscht, was der gestern wieder hatte. Auf jeden Fall habe ich mir ein Picolo gegönnt und bin unter die Dusche. Irgendwie fühlte ich mich aufgekratzt. Da habe ich mir mein feines Kostümchen angezogen, weisst du das pinkige mit dem…“ – „He, das  mit der Chinchilla -Stola?“ – „Ja genau dieses. Dazu meine Stilleto – das Haar hochgesteckt – und gopferdori mein Ferrari hatte wieder kein Benzin! Dimitriy ist ja selber schuld wenn er vergisst zu tanken und ich dann Geschäftswagen nehmen muss!“ Anna fährt fort: „Also ich fahre los zum Club. Versuche unterwegs Suse und Karin zu erreichen. Die haben keine hat Zeit. So bin ich halt mit dem Audi allein in die Stadt gefahren. Bin da etwas um die Häuser gezogen und wollte zu unserem Schuppen, da habe ich, ich sag dir – eine ganz geile Hotelbar entdeckt! Nach zwei Cupli war ich noch giggeriger als vorher. Auf jeden Fall lud mich der eine in seine Gutsche ein. Hey, so guten Sex hatte ich schon lange nicht mehr! Und du  dieser Schuppen hat Zimmer, ich glaubs ja nicht, total ausgefallen geil. Die Badewanne erst, mit all denn Vibrationen! Auf jeden Fall, war das eine Nacht, die ich nicht so schnell vergessen werde!“  „Ja, ja und jetzt folgt dann wieder deine Leier, dass Dimitriy zu nichts tauge, zu wenig Klotz verdiene und dich auf Sparflamme halte!“ „Ja, im Ernst, es ist tatsächlich so! Er ist ein Schmarotzer. Zu Weihnachten schenkte er mir anstelle eines tollen Brilli für in den Safe, nur ein rotes Swarovski – Herz! Für diesen Klunker bekomme ich keine zehn Stutz!“ – „Na Anna, was du verkaufst die Brilli, die du bekommst?“ – „He wieso nicht!? Dimitriy schenkt sie mir ja dafür, damit ich ich in schlechteren Zeiten mal etwas Anständiges habe, um wieder zu Geld zu kommen! Nun, ob früher oder später verscherbelt, kommt gar nicht so drauf an! Hauptsache ich habe jederzeit genügend Flüssiges!“ – „Du, Anne, ich muss jetzt wirklich. Sonst müssen wir nochmals Parkgebühren zahlen?“ „He Mutti, dass du mich nicht falsch verstehst. Dimitriy hat mir zu Weihnachten auch noch einen Vibrator geschenkt, in einem mit Brilli versetzten Etui!“ – „Na also Anna, dann hättest du doch nicht in die Stadt fahren müssen, nur weil du etwas giggerig bist?“ – „Ja Mutti! Das Dumme ist, der Vibri funktioniert doch nur, wenn die Batterien aufgeladen sind – und andererseits, ganz allein damit spielen, ist auch öed!“ –
Lachend verabschiede mich und fahre mit dem Auto nach Hause. Da erinnere ich mich an die entlehnten fünfzig Franken: „Also, wenn Anna das Geld bis heute Abend nicht in unserem Briefkasten deponiert hat, dann entlehne ich von ihr den Vibrator. Den kann sie sofort  wieder zurück haben. Einzig das Etui bleibt bleibt bei mir, als Pfand für die gestundeten sechsundsechzig Franken sechzig!

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