Archiv der Kategorie: Begegnungen

Lehrerseminar zum Zweiten …

… ebenfalls eine erwähnenswerte und erst noch unvergessliche Begebenheit …


DSC_0051


… erlebt im hintersten Knonaueramt …


DSC_0047


… am 2. November 2014 …


DSC_0050


… an einem wunderschönen Sonntag …


DSC_0040


… oberhalb von unserem neuen Wohnort …


DSC_0081


… genau hier an dieser Stelle,


wo ich unseren Nachbarn, anlässlich seiner täglichen Fahrradtour begegnet bin:


“Guten morgen Frau mutti! Haben Sie sich in unserem Dorf gut eingelebt?” – “Danke für die Nachfrage. Natürlich wunderbar. Wir fühlen uns sehr wohl hier!” Der Mountenbiker hakt nach: “Ich habe gehört Sie fahren nicht Auto. Wie kommen Sie mit den öffentlichen Verkehrsmittel zurecht?” – “Kein Problem, eigentlich besser als erwartet!” Mein Nachbar erzählt, für ihn, seine Frau und seine Kinder sei es hier früher sehr mühsam gewesen. Der Bus sei nur zwei Mal pro Tag nach Baar und in die nur sieben Kilometer entfernte Stadt Zug gefahren! Und, ausgerechnet der Älteste habe unbedingt das Lehrerseminar in Zug besuchen wollen. Somit sei seiner Frau oder ihm nichts anderes übrig geblieben, als den Jungen jeden Tag dahin zu fahren! – Beiläufig erwähne ich, dass unser Sohn  ebenfalls das Lehrerseminar in Zug besucht hat und frage ihn ganz unverblümt: “Könnte es sogar sein, dass sich die beiden  gekannt haben?” Mein Gegenüber  runzelt seine Stirn: “Meinen Sie!? Ja, warum nicht! Wenn ich Sie so betrachte? Schon möglich! Also unser Sohn ist ein Neunundvierziger…!”  Diese Auskunft haut mich fast aus den Socken: “Jesses Gott! Unser Sohn ist 1975 auf die Welt gekommen – ich selber 1951! Sie könnten ja mein Vater sein!” – Mein Gegenüber nickt und meint brutal offen: ”Garantiert schon! Schliesslich bin ich bereits 88 Jahre alt. Demzufolge  könnte ich ebenfalls der Grossvater von ihrem Sohn sein!” Sagt’s, lacht dabei schallend, schwingt sich jugendlich elegant auf sein Drahtesel und pedalt mit einem fröhlichem Jauchzer …


DSC_0209


 … Richtung Albispass von dannen.


Na prost!


DSC_0138


Da habe ich an diesem prächtigen Spätherbsttag  jemandem ganz sicher eine grosse Freude bereitet!


DSC_0178


Aber als Zynikerin erinnere ich mich an ein Zitat von Jules Ranard:


Das Alter ist da, wenn man sagt:


“Niemals habe ich mich so jung gefühlt!”

Heute morgen …

… weckt mich wieder einmal mehr, das intensive Rauschen der Autobahn, das Rumpeln vom nahen Kieswerk und der Fliegerlärm.


Ärgerlich stehe ich auf und lasse den Hund raus. Eigentlich wäre es warm genug die erste Tasse Kaffee draussen im Garten zu geniessen … “Komm Grisly wir gehen wieder rein, die da draussen muten uns wieder einmal all zu viel Lärm zu!” Der kleine Kobold folgt mir gerne, nicht wegen dem Lärm, aber weil es was zum Futtern gibt.


DSC_0104


Etwas später breche ich mit Grisly zum ersten Spaziergang auf. Es geht an die Limmat runter, zuerst vorbei am Kieswerk, dann entlang der Autobahn und Durchfahrtsstrassen, immer wieder gespickt mit Auto- Bau- oder Industrielärm. Innerlich grummle ich schon wieder: “Gäll Grisly dieses Getöse ist eine Zumutung!” Den kümmert das nicht. Hauptsache er trifft bald seine Hundekumpane.


Auf dem Nachhauseweg kommt mir eine schon sehr ins Alter gekommene Kollegin mit ihrem mindestens so alten Hund entgegen. Wir begrüssen einander und ich frage sie, wie es ihr gehe. “Jetzt geht es mir tatsächlich wieder besser. Ich habe es richtig genossen hier in dieser umtriebigen Umgebung mit meinem Raudi zu spazieren!” – “Geniessen ist gut, bei diesen Geräuschen!”, grinse ich sie an. Da entgegnet sie mir: “Eines musst du wissen, bei mir im neuen Wohnort ist es totenstill! Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nie und nimmer dahin gezogen!” – “Wieso, den das? Langnau am Albis ist ja nicht ab der Welt und sehr belebt?” - ”Mitnichten mutti! Am morgen früh fahren alle mit ihren Autos weg und kommen erst am Abend spät, wenn ich schon schlafe wieder retour. In unserem Quartier ist es so still wie in einem Mausoleum!”  Ganz spontan antworte ich ihr: “Ja, so ein Mausoleum wäre ein Paradies für mich! Wir können gerne tauschen!”


Da sagt doch die Dame tatsächlich: “Gerne. Nur, leider kann ich in meinem Alter, nicht dein Haus übernehmen? Doch sobald du mir eine freie Wohnung hier im Limmattal weisst, dann rufe mich an, dann könnte ich dir meine jetzige Wohnung überlassen!” – “Hey, das ist ein Angebot …”, falle ich ihr ins Wort. Nur die Sache hat einen riesigen Haken, denn der von ihr vorgeschlagene Übernahmepreis passt leider überhaupt nicht in unser Budget … Ja, wer kann sich schon ein Mausoleum, das an optimal gut erschlossener Lage und erst noch ruhig liegt, in der heutigen Zeit noch finanzieren!?


He doch! Soeben kommt mir unser Friedhof in den Sinn. Dieser ist idyllisch schön und in ruhiger Lage angelegt und zwar in einem bewaldeten und aussichtsreichen Hang; erst noch nahe an einem rauschenden Bächlein und fischreichen Weiher. Läden, Post, Bank, Schulen, Gesundheitswesen und öffentliche Verkehrsmittel sind bequem und erst noch gefahrlos erreichbar. Das beste ist, die Vögel hört man dort noch singen und die Eichhörnchen genüsslich Nüsschen knabbern.


Nur leider auch da – neben dem Gottesacker – donnern und dröhnen an warmen Tagen die schnellen Autos und Töffs die kurvige Hangstrasse rauf und runter. Deshalb überlege ich es mir gut, ob ich wirklich hier ein Plätzchen für meine endgültigen Ruhetage reservieren lassen soll … Ich bin und bleibe mal lärmempfindlich!


Demzufolge bringt es Georg Christoph Lichtenberg auf diese Weise auf den Punkt:


Ich weiss nicht, ob es besser wird,


wenn es anders wird.


Aber es muss anders werden,


wenn es besser werden soll.


DSC_0109


 oder à la mutti:


Jeder findet mal ein Haar in der Suppe,


ausser die Menschheit habe die Behaarung ausgerottet.


Der dritte Dezember 2013 …

… zeigt einen Engel besonderer Art:


DSC_0020nämlich den Enkel der ehemaligen Reederei Rickmer Rickmers.


DSC_0018


Dieser Dreimaster der Reederei bereiste die Weltmeere als Segelfrachtschiff


und ist heute das schwimmendes Wahrzeichen von Hamburg …


DSC_0019


… in der Funktion als Ausstellungs- Museums- und Denkmalschiff. 

mehr dazu:

http://www.rickmer-rickmers.de

http://www.hamburg.de/museen-kunst-ausstellungen/museen/511124/

http://de.wikipedia.org/wiki/Rickmer_Rickmers_(Schiff)

 

Wir sind zu Fuss unterwegs …

… Zwei Kolleginnen begleiten mich.


Wir schnattern miteinander was das Zeug hält und biegen lachend in die nächste Strasse ab und wer steht vor uns, bolzengrad und mit verkniffenem Mund? Die liebe Else. Sie schaut mich herausfordernd an und meint: ”Ach duuu bist daaas mutti, mit dieser so freundlichen glockenhellen Stimme?!” Ich antworte ihr: “He, Else! Was für eine Frage? Meine Stimme kennst du doch, oder?”, die Angesprochene nickt und ich ergänze, da ich ihr letzthin nicht gerade freundlich geantwortet habe: ”Es ist natürlich schon so, wenn man mir auf die Zehen trampt und mich ständig belehrt, dann kann ich mich schon mal etwas giftiger ausdrücken!”


Meine Kolleginnen lachen: “Was du und giftig?” – Else fällt ihnen ins Wort: “Wenn mutti   ihre Tage hat, dann ohalätz, wird sie richtig grantig!” – Da antwortet eine meiner Kolleginnen: “Das ist bei mir auch so, wenn ich meine Tage habe, bin ich schon tags zuvor hässig und ungeniessbar!” Elses kommentiert postwendend: “Tage hin oder her! Ich bin immer gleich gut drauf! Ausserdem, habe ich Gott sei Dank dieses Theater hinter mir … Aäh ja mutti, was ich noch sagen wollte. Du hast dann heute vergessen deine Grüntonne für die Abfuhr bereitzustellen.” - ”Else danke, das weiss ich schon. Sie ist noch nicht ganz voll. Nächste Woche ist früh genug für die Leerung!”, da ergänzt meine beste Else: ”Och, jetzt habe ich dir diese schon an die Strasse gestellt!” - Da meint meine Kollegin: “Ach mutti, duu hast es gut. Eine sooo nette und hilfsbereite Nachbarin möchte ich auch haben …”. – “Kannst du liebe Rose, das Haus neben Else ist seit ein paar Tagen zum Verkauf ausgeschrieben!”

Else grinst geheimnisvoll und meint: “Endlich bin ich diese Leute los! Immer schimpfen die mit mir, ich solle mich nicht überall einmischen! Mutti, oder hast du auch das Gefühl, dass ich mich  …. “Nein nein, liebe Else, wo denkst du hin. Du bist einzig und allein leidenschaftlich darauf bedacht, dass es uns allen gut geht!” – “Genau, mutti, das sind meine Prinzipien: ‘Liebe deinen Nächsten wie dich selbst’!”

Kann man so einer Else ernstlich böse sein?


Der wahrhaft große Mensch ist der,
der niemanden beherrscht und
der von niemandem beherrscht wird.


Khalil Gibran


„Ah, da ist ja …

Frau Müller mit ihrem Chicco!”


Nein, nein! Das ist nicht Frau Müller. Das ist mutti, meine Frau!”, korrigiert mein Mann.

Och, Entschuldigung. Ich habe da etwas verwechselt. Denn Lisa hat gesagt ihre Mutter komme und bringe Chicco zu uns ins Büro! Na Kleiner dann bist du auch nicht Chicco, oder?”

P1010604

Doch doch, das ist Chicco und ich bin die Mutter von Lisa, nur habe ich einen anderen Nachnamen als Lisa!”

Ach! Dann sind Sie ja der Vater von Lisa?”, wendet sich unser ratloses Gegenüber an meinen Mann. Dieser antwortet ganz trocken: “Na, in irgend einer Form schon!”

Jetzt arbeiten Lisa und ich schon seit einem Jahr in Ihrer Abteilung … Jetzt verstehe ich erst, wieso Lisa und Sie per “Du” sind. Also ich könnte nie mit meinem Vater in der gleichen Firma arbeiten …!”

Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen.


Giuseppe Mazzini



- und -



Ihr sucht die Menschen zu benennen


und glaubt am Namen sie zu kennen.


Wer tiefer sieht, gesteht sich frei,


es ist was Anonymes dabei


J.W. von Goethe 


 

 

Ganz verträumt …

sitze ich an diesem See


Eine junge Frau setzt sich neben mich: “Stört Sie doch nicht, oder?”

“Nein, nein, nur zu. Dieses Paradies gehört nicht nur mir allein!”

“Das soll das Paradies sein? Da wo ich wohne, da ist das Paradies!”

Neugierig schaue ich diese junge Frau an und frage: “Ja wo wohnen Sie denn?”

“He dänk im Simmental, auf dem Hof meiner Eltern. Da lebe ich mit sechsundzwanzig Kühen, drei Katzen, zwei Hunden, fünf Ziegen und zwanzig Schafe! Ich muss zwar chrampfe  von  früh bis spät. Aber wenn ich dann im Bett liege und so über mein Leben nachdenke, dann weiss ich, das ist mein Daheim, da bringt mich niemand mehr weg! Mit den Eltern verstehe ich mich zwar nicht immer so gut; dafür um so mehr mit meinen Tieren und unserer Natur!”

Was soll ich dazu sagen … Da fällt mir nur noch ein Zitat von Paul Keller ein:


Wenn der Mensch gesund ist und Friede im Herzen hat,


kann er schon auf Erden im Vorgarten des Paradieses sein!



 


 

Wenn man umzieht lernt man …

zwangsläufig die Sitten und Bräuche der neuen Nachbarschaft kennen.


Das erste Kennenlernen überlassen mein Mann und ich gerne dem Zufall – so auch dieses Mal! Kaum sind wir in unserem neuen Domizil eingezogen und einigermassen eingerichtet, zieht es mich in den Garten. Da ruft mir jemand über die Hecke: “Hallo! Da wartet aber viel Arbeit auf Sie. Wissen Sie, ihr Vorgänger hat nie etwas gemacht. Das war einer von der bequemeren Sorte …!” Ich richte mich auf und antworte: ”Nett Sie kennen zu lernen. Ich bin Frau mutti.” - ”Freut mich, ich heisse Heidi Zürcher …!  Das heisst ich bin ganz einfach s’Heidi, und da kommt gerade mein Hans! Schau Schatz, unsere Neue ist schon bei der Gartenarbeit!” – “Grüzi Herr Zürcher! Freut mich! Mein Name ist Frau mutti!” - ”Äh, wir sagen uns hier alle “du”! Ich bin der Hans!”, etwas perplex stottere ich: “Ja, dann …?” Denn es ist gar nicht meine Art  sofort mit jemandem per Du zu sein. Unbeirrt über mein Zögern erklären mir Hans und Heidi: ”Weisst du, wir sind so froh, dass ihr jetzt hier seid. Das Haus schaut jetzt schon viel freundlicher aus, als bei eurem Vorgänger, gäll Hans! Ganz schrecklich dunkel und grusig war der Anstrich vom Chalet! Der Garten war die reinste Wildnis, gäll Hans! Auf jeden Fall habt ihr die Büsche perfekt umplatziert! Dementsprechend würde ich dort hinten noch ein Pavallion stellen, hier vorne ein Bistrotisch mit zwei Stühlen, ergänzt mit Kerzen oder Fackeln und so. Übrigens eure kleinen Sonnenschirme werden sich auf die Länge nicht bewähren, gäll Hans?!” Der erklärt mir postwendend: ”Wie’s Heidi schon sagt … Es gibt da solche, die man mit einer Kurbel aufziehen kann! Siehst du, wie  diese da … “, – “Am besten in beige oder weiss!”, ergänzt Heidi und fährt fort: ”Farbige Schirme wirken völlig unruhig,  besonders zu eurer gestreiften Sonnenstore, gäll Hans!?.” Etwas irritiert verabschiede ich mich von den beiden, zum einen wegen dem schnellen du und zum anderen ihrer Aufdringlichkeit betreffend unserer Gartengestaltung.


Doch kaum habe ich mich umgedreht ruft jemand von der Zufahrtsstrasse her: ”Hey, Sie sind sicher unsere neue Nachbarin! Ich bin der Werner!” – Lachend reagiere ich: “Und ich bin Frau mutti! Grüezi Herr Werner!” – Der aber erwidert: ”Nein, mein Name ist Guggermeister – Werner Guggermeister!” – Freundlich entgegne ich: ”So, das freut mich Herr Guggermeister! Ach, wie ich sehe kommt da noch Ihre Frau. Grüezi Frau Guggermeister! Ich bin Frau mutti, Ihre neue Nachbarin!” Diese begrüsst mich ebenfalls lachend: ”Freut mich! Aber Sie dürfen mir schon Leni sa..!” Da falle ich ihr ins Wort: “Frau Guggermeister, wie ich sehe haben Sie auch einen Hund – und was für einen herzigen! Jetzt kommt mir in den Sinn, ich muss ja mit unserem Chicco noch einen Lauf machen!”, dabei verabschiede ich mich von den Guggermeisters, innerlich ganz stolz, dass ich einem weiteren (unfreiwilligen) “Duzen” noch einmal entkommen bin.


Als ich mit Chicco vom Spaziergang zurück komme, ruft mich mein Mann zu sich hinter unser Haus: “Komm mutti, darf ich dir Herrn Rebsam vorstellen? Herr Rebsam, das ist meine Frau!” - ”Freut mich Frau mutti! Schön, das Sie hier eingezogen sind! Du Trudi komm doch mal rasch, da sind Herr und Frau mutti – unsere neuen Nachbarn!” Wir begrüssen uns gegenseitig – und schon – erklärt sich Frau Rebsam: “Schön das Sie da sind. Sie müssen wissen, wir haben es sehr gut hier im Quartier. Wir helfen uns gegenseitig und schauen hie und da einander zum Garten. Darf ich Ihnen bei dieser Gelegenheit einen guten Tipp geben! Wir haben festgestellt, dass Sie Ihren Rasenmäher viel zu tief eingestellt haben. Ein zu kurz geschnittener Rasen vermoost und geht mit der Zeit total kaputt, besonders in einem heissen Sommer!”


Erleichtert  darüber einem  weiteren “Duzis – Angeobot” entkommen zu sein,  habe ich mich schon fast übermütig für den überflüssigen Hinweis von Rebsamens bedankt. Auch mein Mann meinte später: “Du, da sind wir noch einmal davon gekommen!” – Denn wir beide sind der Meinung:

  • Ein “Sie” verschafft uns persönlich, besonders beim ersten Kennenlernen von neuen Nachbarn oder neuen Arbeitskollegen, eine gesunde Distanz zu unserem Gegenüber. Mit dem “Sie” mindern wir  aber nicht unsere Wertschätzung dem anderen gegenüber. Erst ein gegenseitiges Abtasten und  eine normal verträgliche Zurückhaltung erleichtert uns (und natürlich auch der anderen Person) die Entscheidung beim “Sie” zu bleiben oder sich zum gegebenen Zeitpunkt das “Du” anzubieten.

Es ist mehr wert,


jederzeit die Achtung der Menschen zu haben,


als gelegentlich ihre Bewunderung.


Jean Jacques Rousseau

Meine Grossmutter …

hat sich vom Jenseits aufgemacht, um mit mir zu sprechen:


Du kannst dir nicht vorstellen mutti, ich bin so enttäuscht von euch. Jetzt habt ihr nebst Lidl und Aldi auch noch eine Sale – Kette. Das stinkt ja zum Himmel. Immer billiger und lumpiger diese neue Läden!”


Aber Grossmüetti, Sale ist keine neue Ladenkette, sondern das Wort kommt aus dem Englischen und steht für ‘Ausverkauf’!” – “So so, Ausverkauf – überall und zu jeder Zeit!? Das bedeutet also, dass niemand mehr etwas zum normalen Preis erwirbt?” – “Ja, weisst du Grossmutter, man kauft die Ware halt dort, wo sie am billigsten ist!” – “Aha, das stinkt nach Inflation?” – “Inflation!? Schön wär’s! Grosi, wo denkst du hin! Wir sind bereits bei der …”, – “Ja, ja Defloration, wolltest du doch sagen, oder?!”, unterbricht mich die Grossmutter. “Hey, du verwechselt da etwas, mein liebes Grossmüetti! Das heisst Deflation. Weisst du, wir haben uns angewöhnt, dass man nicht nur billig einkauft, sondern sogar einkauft, wenn man gar kein Geld dafür hat – auf Kredit!” – “Aber, aaber mutti! Duu doch nicht!?” – “Doch auch ich! Meinst du ich bin so blöd und zahle alles bar. Ausserdem eine Schnäppchenjagd, ohne Geld im Sack, ist heute ein ganz geiler Zeitvertreib!” – “Wie bitte! Also ich hätte mich geschämt …!” – “Na, Grossmutter tu nicht so scheinheilig, auch du und Grossvater habt doch schon mal etwas auf Pump gekauft!” – “Sicher schon, unser Haus! Aber das haben wir innerhalb von ein paar Jahren auf Heller und Pfennig der Bank zurück bezahlt; der Wert vom Haus ist erst noch gestiegen, ohne Bschiss!” – “Ja, früher! Ihr mit eurem allerheiligen Preis- Leistungsverhältnis. Alles hat bei euch stimmen müssen! Ihr seid zwar ohne Kondom und Pille, dafür mit eurem allzeitlichen Konjunkturbarometer ins Bett gehüpft …!” – “Ganz genau mutti! Hatte es etwas zu viel auf dem Markt, dann profitierten wir von einem Preisabschlag. Hatte es von etwas zu wenig auf dem Markt wurde die Sache zwar teurer und trotzdem gekauft – in kleineren Mengen und nicht auf Pump! Das Sparbüchlein und die Überstunden haben  …! ” – “So weit kommt es noch, dass ich noch mehr chrampfe für mehr Stütz in der Tasche. Ich warte so lange, bis ich dank meiner blauen Augen, mehr Bonus einsacke oder bis alles wieder billiger wird!” – “Na, dann träum weiter! Mutti, du schaufelst dir von selber dein Grab! Wenn alle Bonüsser erhalten, nur noch das Nötigste in der Schweiz einkaufen und auf billigere Zeiten warten, entsteht eine Überkapazität auf dem Markt. Die Preise müssen deshalb überall gesenkt werden und eure Löhne auch. Eure Arbeitsplätze gehen flöte. Wenn du Pech hast, sogar deiner. Dann, he Meiteli, überleg mal scharf! Du kannst ohne Geld, trotz Preisabschlag das Gewünschte gar nicht mehr kaufen! Ja, Himmel Herr Gott noch mal! Zuck du nur mit der Schulter und nimm laufend Kredite auf. Du wirst sehen wohin das führt, du naives Ding! Bist du die Kredite, inklusive Zinsen deiner Bank zurückbezahlt hast, ist die Ware wertlos geworden. Deine Verschuldung wächst. Keine Bank gibt dir mehr Kredit, weil du diesen nicht mehr mit eigenen Vermögensanteilen  absichern kannst!” –


Ja, dänn halt, gehe ich auf’s Sozialamt! Für etwas habe ich jahrelang Steuern bezahlt!” – “He, aber mutti! Wenn du und all die anderen nicht mehr arbeiten können, ist der Staat auch bald pleite!” – “Ja, dann sollen die weniger Geld in die Armee, die Kreisel …”, – “Dumms Züg! Bleib realistisch. Es kommt soweit, dass die Banken keine Kredite mehr vergeben können, weil niemand mehr  Geld zur Bank bringt.” – “Ach was, Donald Duck hat’s auch überlebt …!” – “Mutti du weisst aber , dass der  armengnössige Typ ständig versucht hat seinen Onkel Dagobert um Geld anzubetteln. Weil er meist keines bekommen hat, hat er es mit faulen Tricks versucht. Das hat den reichen Dabobert noch mehr angestachelt, die Geldlosen unter Druck zu setzen und Macht auf sie auszuüben. Das finde ich zwar auch nicht richtig. Doch erzieherisch …” – “Aber Groseli, auch die Finanzbosse haben damals nicht alles rechtens ausgehandelt und nur dank den Kleinen sind die Moneten im Umlauf geblieben!”


Jetzt kommt meine Grossmutter so richtig in Fahrt: “Check’s du es nicht! Dank diesen geschickten Dagoberts haben die Banken immer genügend weisses Geld gehabt, zugegeben – manchmal auch etwas mehr als dunkelweiss! Doch das hat sich immerhin als wertvermehrendes Bio-Bankvermögen etabliert, das erst noch in unserem Land hat bleiben dürfen!” – “Aber auch nicht alles Groseli!” – “Doch, das meiste schon. Zum Beispiel die abgesicherten Kreditgeschäfte, der solide Aktien- und Devisenhandel und die kurzfristigen Festgelder. Diese haben den  Finanzplatz Schweiz und unsere gesamte Marktwirtschaft gestützt. Das schlimme ist heute, dass sich euer momentanes Bank- und Wirtschaftsvermögen rasant verringert. Wenn diese Vermögen sinken, zahlen die Banken und Firmen ebenfalls weniger Steuern an die Gemeinden und Kantone. Gemeinsam mit den Grossen investiert ihr munter weiter in Alles und Jedes, das erst noch niemand braucht oder will. Damit der Geldfluss nicht versiegt druckt die Nationalbank mehr Noten für die Banken, damit diese noch einigermassen normal handeln und wirtschaften können. Auf diese Weise kommt zwar viel, aber dafür wertloseres Geld wieder in Umlauf. Mit diesen nassen Noten kann niemand rentabel geschäften. Die Deflation fordert ihren Tribut. Die Dummen sind defloriert! Ist das Jungfern-Hymchen einmal weg, dann hat nichts mehr seinen Wert!”, sagt s’Grosi noch … Dabei löst es sich auf. Ein weisser Federflaum schwebt im sanften Bieswind Richtung Himmel, um als mahnende Sternschnuppe in luftiger Höhe zu verpuffen! 


Ist ja Schnuppe und so schlimm wird es sicher nicht kommen. Schliesslich kann man heutzutage sein Hymen wieder refinanzieren lassen! Fragt sich nur wie … Muss mal rasch nach Brasilien telefonieren, ich kenne da so einen Finanzboss … I-woh, mein russischer Onkel, könnte mir auch wieder einmal einen Gefallen tun! 


Erst als meine Tante Finma aus Bern


von meiner russischen Rückdefloration hört,


hat sie mir folgendes anvertraut:


Liebes Mutti, halte dich zukünftig an die Chinesen. Die sind zur Zeit finanz- und kapitalmarktmässig sehr stark im Aufwind. Die wissen zum einen am besten, wie man Gesetze umgehen kann. Zum anderen haben sie gelernt, wie man die westliche und damit auch die helvetischen Obrigkeiten und ihre Aufsichtsbehörden übertölpeln muss …


Danke Tantchen Finma für deinen Tip. 


Mein jetziges chinesisch subventioniertes Jungfernhäutchen hält sich ganz gut, trotz Deflation. Zwar ist es sehr anstrengend sich immer wieder mit dem geschlitzten Teufel arrangieren zu müssen. Aber was tut man nicht alles um vermögend …


… äh Heil zu bleiben!


,

Das (1)17. Törchen widme ich …

der Polizei,


deinem Freund und Helfer!



Das Land, das seine Einwohner nicht schützt,


geht bald unter!  -


nicht so ganz nach Goethe


Ein Bekannter erzählt mir, er und seine Frau seien letzte Nacht sehr spät nach Hause und dem entsprechend auch spät ins Bett gekommen. Beim Einschlafen habe er so komische Geräusche gehört. Er sei aufgestanden und sehe gerade noch wie ein grosser Hund durch ihren Garten springe. Gleichzeitige erkenne er einen Lichtkegel von einer Taschenlampe … Er rufe seiner Frau: “He da draussen ist ein Einbrecher!” Sie eilt ebenfalls ans Fenster und sehe wie der Mann mit der Taschenlampe dem Hund übers Feld nacheile … Total verunsichert haben sie erst die Polizei rufen wollen. Man muss wissen ihr Haus ist das letzte in einer Sackgasse und grenzt auf zwei Seiten an Landwirtschaftsland. Doch nach einem Kontrollgang durch das Haus und Prüfung der Alarmanlage haben sie diesen Plan verworfen und beschlossen im Haus das Licht brennen zu lassen und endlich schlafen zu gehen. Am nächsten Morgen, beim Heben der Rolläden haben sie diverse Dreckspuren von einem grossen Hund und Schuhspuren von Erwachsenen im Rasen und auf den Bodenplatten von ihrem Sitzplatz entdeckt … Jetzt habe er nicht gezögert und die Polizei darüber benachrichtigt. Zu seinem Erstaunen habe der Polizist ihm folgendes erzählt:


Unsere Polizeikollegen vom anderen Kanton habe mit ihrem Hund einen Einbrecher verfolgt. Hasso sei dem Flüchtenden übers Feld nach gelaufen, genau auf unser Haus zu, das ja nicht mehr im zuständigen Bereich dieser Beamten stehe… Doch in einem solchen Fall dürfe die Polizei vom anderen Kanton weiter einer Sache nachgehen und sogar eine verdächtige Person festnehmen … Nun, die Kollegen vom anderen Kanton und Hasso haben “ihren Einbrecher” nicht zu fassen bekommen. Dafür habe Hasso hinter unserem Haus einen ganz anderen Typen aufgestöbert und festnehmen können. Der habe gerade vorgehabt, die Häuser in unserem Quartier zu “besuchen”…


“Du kannst dir vorstellen Mutti. Da haben wir noch einmal Glück gehabt. Gerne haben wir heute morgen den “fremden Kantonspolizisten” ein paar Flaschen Wein überbracht. Für Hasso haben wir noch ein paar Leckereien hinterlegt. 


Alles, was der Mensch insgeheim im Schutz der nächtlichen Finsternis tut,


wird einmal ans Tageslicht gelangen


Khalil Gibran



Das 14. Törchen …

... weckt Erinnerungen an Pink Floyd,


zum einen an ihre 14 produzierten Studioalben,


zum anderen an ihr Werk “The Wall”,


und damit an einen wunderbaren Sommer – Nachmittag


 am Ufer vom Murtensee …



Es gibt dort, direkt am See ein Baracke, die sich Seerestaurant nennt. Hier trifft sich Hinz und Kunz, zu einem Schwatz. Man trinkt Wein oder Bier, isst Pommes und anderes Frittiertes. Hört laute Musik und fühlt sich als Hippies, jung und buchstäblich puddelwohl. Ich selber suche die Baracke nur am frühen Nachmittag auf, wenn die Musikbox ihren Mittagsschlaf hält und die Leute am Strand etwas dösen oder sonst faul rumhängen. Dann kann ich die Aussicht über den ganzen See und die naturpure Atmosphäre so richtig lustvoll geniessen.



Einmal verspäte ich mich etwas und ich höre bereits schon von weitem laute Musik. Na, dann halt! So werde ich mir einfach einen Drink (übert Gass holen) und mich wieder verziehen … Während ich auf meinen “un ballon blanc” und das ” un’ Aqua Mineral” warte, setze ich mich auf die Steintreppe. Genervt höre ich den Lautsprecher tscheppern, dann knirscht es und dann erklingen eine paar ganz wunderbare mir bekannte Tonfolgen.Gespannt spitze ich die Ohren! Hä! Dass kann doch nicht sein … Einer hantiert etwas am Lautsprecher und Pink Floyd’s  ”The Wall” ertönt glockenrein und so vollkommen voluminös wie in einer Konzerthalle. Der stille See vor mir, die Kinder und Erwachsenen die am Strand spielen, die Vögel, die Hunde, die riesige knorrige Weide im sanften Wind, der leichte Geruch von Pommes, das stille Kichern der Penner, das Murmeln der Pärchen und Gäste auf der Terrasse, zusammen mit dieser grossartigen Musik, erfüllen mein Herz so, dass ich denke: “Das ist das Paradies auf Erden!” Ich höre die Sequenzen und sehe die Szenen von “The Wall” mit all meinen Sinnen:



Lancaster Pink, ca. sieben jährig igelt sich immer mehr ein und baut eine Mauer um seine innere Gedankenwelt. Er ist einerseits verbittert über den Tod seines Vaters, der im zweiten Weltkrieg umgekommen war … Er fürchtet seine dominante Mutter. Er fühlt nur noch Hass, Ohnmacht und Trauer gegen England, Hitler und den Krieg. In der Schule rebelliert  er gemeinsam mit seinen Mitschüler gegen die Lehrer, die ihnen alles und jedes eindocktrieren wollen, ihrer persönlichen Idividualität zum Trotz. In seinem Aufbegehren sucht er die Gemeinschaft seiner Mitschüler. Sie folgen ihm und helfen ihm zur Entstehung, des berühmte Songs “Another Brick in the Wall”. Auf den vermeintlichen Befreiungsschlag folgen weitere Demütigungen. Pink erkennt als Erwachsener, dass nebst dem Gesellschaftssystem und der Herrschaft seiner Mutter, auch seine Frau ihn ständig unter Druck setzt und hintergeht. Ziegelstein für Ziegelstein fügen sich in die Löcher seiner Ummauerung, als Zeichen seiner Ohnmacht. Pink versucht, bevor der letzte Ziegelstein seine Mauer verschliesst, noch einmal auszubrechen. Es ist vergebens. Er zieht sich resigniert vollends in seine Isolation zurück. Die Schmerzen seiner Vergangenheit, die Intrigen seiner Frau, seine Unfähigkeit soziale Kontakte zu pflegen treiben ihn weiter in in seine seelische Einsamkeit. Er verbarrikadiert sich hinter seiner Mauer und setzt den letzten Stein so, dass er seinem Gefängnis nie mehr entrinnen kann.”



Der Missbrauch unseres Wortes zehrt unsere innere Stärke auf,


bis wir nur noch tagträumen können.


Ist ein entsprechend grosser Teil unserer Kraft verloren gegangen,


kann unsere Wirklichkeit nur noch die uns umgebende Welt spiegeln,


so dass wir im kollektiven Albtraum unserer Zeit gefangen sind.


Alberto Villoldo aus seiner Schrift: “Die vier Einsichten”